Obernkirchens Geschichte bekommt ein neues Kapitel: Fünf Jahre nach dem ersten Band hat Historiker Professor Dr. Karl Heinz Schneider seine Chronik der Stadt fortgesetzt. Unter dem Titel „Weiß-Gelbe Stadtgeschichte – Obernkirchen zwischen Stift, Kohle & Glas“ widmet sich der zweite Band der Zeit von 1870 bis 1945, also einer Epoche, in der sich das Gesicht der Stadt in vielerlei Hinsicht grundlegend wandelte.
Entstanden ist das 297 Seiten starke Werk nach intensiver Archivarbeit. Schneider sichtete unzählige Akten und Dokumente im Niedersächsischen Landesarchiv Bückeburg, im Berg- und Stadtmuseum sowie in privaten Sammlungen und konnte auf die Arbeit von Rolf-Bernd de Groot zurückgreifen. Dabei stieß er auf bislang kaum erforschte Bezüge zwischen Obernkirchen und den Menschen, die hier lebten und wirkten. „Es gab so viele unerzählte Geschichten, dass die Arbeit deutlich länger dauerte als geplant“, erklärt der Autor.
Der neue Band zeichnet den Aufstieg Obernkirchens zur Industriestadt auf, der durch die Elemente Kohle, Sandstein, Glas und Eisenbahn als Motoren des Wachstums Fahrt aufnahm. Der berühmte Obernkirchener Sandstein fand zu der Zeit seinen Weg bis in den Kölner Dom und in die USA. Die Verwaltung des Bergbaus hatte ihren Sitz vor Ort, Gastarbeiter aus Russland und Italien prägten das Bild in den Steinbrüchen. In dieser Zeit entstand eine selbstbewusste Bürgerschicht und parallel eine aktive Arbeiterbewegung.
Die Rolle der Frauen
Einen besonderen Schwerpunkt legt Schneider auf die Rolle der Frauen. Obernkirchen, so zeigt er, war in vielerlei Hinsicht eine „Stadt der Frauen“. Das historische Frauenstift, gegründet 1167, prägte das gesellschaftliche Leben über Jahrhunderte. Später machte die Wirtschaftliche Frauenschule, auch bekannt als Landfrauenschule, die Stadt überregional bekannt. Selbst Angehörige des Kaiserhauses, darunter die Stieftöchter Kaiser Wilhelms II., waren hier Schülerinnen.
Neben wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen beleuchtet Schneider auch die politische Entwicklung. So stimmte Obernkirchen bei der Reichstagswahl im März 1933 noch mehrheitlich für die SPD, ein Zeichen demokratischer Stärke vor dem Beginn der NS-Zeit.
Mit zahlreichen neuen Abbildungen und historischen Fotografien bietet der zweite Band einen lebendigen Einblick in diese wechselvolle Epoche. Bürgermeisterin Dörte Worm-Kressin würdigte die Publikation als wichtigen Beitrag zur Stadtidentität, und setzte sich daher auch wieder beim zweiten Band für die Finanzierung ein.
Erhältlich ist die Stadtgeschichte für 25 Euro je Band unter anderem im Rathaus, im Stadtmuseum, im Info-Center. Beide Bände zusammen kosten 40 Euro.
Wer den Autor persönlich treffen möchte, hat dazu Gelegenheit beim Obernkirchener Weihnachts- und Adventsmarkt am Sonntag, 30. November. Zwischen 11 und 18 Uhr verwandeln sich der Kirchplatz, das Gemeindezentrum, das Berg- und Stadtmuseum, das Trafohaus, die Stadtbücherei und das Stift in ein stimmungsvolles Weihnachtsdorf. Ab 15 Uhr wird Professor Schneider in der Bücherei eine Signierstunde geben. Gleichzeitig soll auch der historische Obernkirchen-Kalender 2026 vorgestellt werden.