Morgens, halb acht in Deutschland. Nein, das ist keine Variante des bekannten Werbeslogans eines Herstellers des „Frühstückchens“ zwei Stunden vorverlegt. Vielmehr kann man um diese Uhrzeit auch vor den Grundschulen selbst auf den Dörfern eine Situation wie am Flughafen Hannover zur Haupturlaubszeit erleben. Parken oder zumindest Halten in zweiter Reihe – ist der Platz schon besetzt, gern auch in dritter Reihe. Parken und Halten im ausgeschilderten Haltverbot gehört schon zum gelebten Alltag. Zur Erinnerung: Dabei handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld bewehrt ist. Ein echter „Volltreffer“ als erzieherisches Vorbild für die Kinder auf der Rücksitzbank. Vorsorglich wird der Warnblinker eingeschaltet; man möchte ja schließlich, dass alles sicher ist! Bremslichter erhellen die Straße und wenn der Vordermann nicht schnell genug ist, ertönt auch schon mal ein ärgerliches Hupen. Eigentlich hat man ja gar keine Zeit. Die morgendliche Hektik im Elternhaus lässt keine Alternative zu – herzlich willkommen im Spektakel der Elterntaxen.

Ein Drive-In-Schalter der Grundschule

Für manche ist das System sicherlich nur ein bequemer Transportservice, quasi ein Drive-In-Schalter der Grundschule, für andere spielen vermeintliche Ängste vor dem Straßenverkehr (!), Entführungsphantasien vom „schwarzen Mann“ oder einfach nur die Überlegung, dass das Kind bei Regen nass werden könnte, eine Entscheidungsrolle. Und bitte: Das Argument, das Kind könne ja länger schlafen, wenn es nicht zu Fuß die 500 Meter von zu Hause bis zur Schule laufen muss, soll wohl eher das schlechte Gewissen beruhigen. Der Sprössling könnte auch einfach etwas früher zu Bett geschickt werden. Glücklicherweise ist es lange, sehr lange, her dass unser Sohn die Grundschule besucht hat und ich damit quasi altersbedingt vergessen habe, ob ich auch ein Elterntaxi betrieben habe, bin aber sicher, dass nicht! Was ist eigentlich so falsch daran, mal einen 10 bis 15-minütigen Fußweg zur Schule zu unternehmen? Anfangs gern gemeinsam, später bis zu einer abgesprochenen Stelle – dann kann der restliche Weg immer noch kontrolliert werden und noch später vielleicht mit den neu gefundenen Freunden und Klassenkameraden/-innen aus der Umgebung.

Der Fitnesstracker wird es danken

Es trainiert nicht nur Muskeln und Herz-/Kreislaufsystem, bedeutet gesunde Bewegung an der frischen Luft (die ersten 1000 Schritte in der Gesundheits-App) und spart CO2 (Auto-Verzicht, auch beim E-Auto), sondern fördert soziale Kompetenz des Kindes. Den ach so gefährlichen Schulweg selbstständig zu bewältigt zu haben, steigert das Selbstwertgefühl, die morgendliche vorschulische Kommunikation mit Mitschülern ist immens wichtig und schlussendlich muss man sich selbst nicht zur ungeliebten Gruppe der „Helikopter-Eltern“ zählen. In vielen Orten mussten bereits ganze Straßen gesperrt werden, weil die Eltern, die ihre Kinder vor den Gefahren des Straßenverkehrs schützen wollen, das eigentliche Risiko verursachen. Die Einrichtung von „Kiss and Goodbye-Zonen“, „Kiss and Go-Zonen“ sind eine sinnvolle Einrichtung, zumindest was die Vermeidung des Verkehrsinfarktes vor der Schule angeht. Warum eigentlich der Anglizismus oder das Denglisieren? „Hol- und Bringzone“ klingt doch auch ganz charmant. Mit einem Teilzitat aus einem Weihnachtslied von 1837 (am 1. Oktober waren es noch 83 Tage bis Heiligabend), endet meine Kolumne: Alle Jahre wieder… das Elterntaxi! Seien Sie geduldig – es kommt der Tag, da ist es dem Nachwuchs peinlich, von Papa oder Mama zur Schule gebracht zu werden!
Ihr Axel Bergmann