Zahlreiche Wege stünden den jungen Menschen nun offen. Viele seien ihnen noch gar nicht bekannt. Humorvoll und mit theatralischen Einlagen ließ Studiendirektor Friedrich Kahre in seiner „Abirede” die Wanderwege, Pilgerwege, Irrwege und Schleichwege Revue passieren, die in den Schuljahren auf Klassenfahrten, im Religions-, Deutsch- oder Sportunterricht – und im übertragenden Sinne – eingeschlagen worden sind. „Haben die Schulwege genügend Orientierung gegeben?” Die zukünftigen Möglichkeiten und Freiheiten schafften Unsicherheit und Ängste, eine falsche Entscheidung zu treffen. Die einzige Sicherheit bestehe darin, seine eigenen Wege zu gehen. Und Kahle appellierte eindringlich an seine ehemaligen Schüler: „Wege entstehen erst beim Gehen. Also gehen Sie!”
Nicht nur er erhielt stürmischen Applaus und Zurufe aus den Abiturentenreihen. Teilweise gerührt, lächelnd, vielleicht nachdenklich, hörten die jungen Leute ihrer Mitstreiterin Louisa Liebens zu, die, begleitet von Kevin Tielmann am Klavier, „Fly with me” wunderschön vortrug. Die „standing ovations” waren ihr sicher. Begeisterung pur in den Abiturentenreihen, bevor es feierlich wurde: Schulleiter Heinrich Frommeyer händigte die Abiturzeugnisse aus.
„Sie haben in sich investiert”, erklärte Frommeyer. „Sie erhalten heute ein Zeugnis, das Ihnen eine Reife attestiert, die sich ganz entschieden nicht ausschließlich auf eine fachliche Reife bezieht.”
Die Abiturientin Julia Henning dankte Lehrern, Eltern und den Familien in ihrer Rede für die „Betreuung” im „Disneyland”, wie sie Schule im Vergleich zu dem, was vor einem liegt, nannte. Doch „Disneyland” bleibe ein Phantasiekonstrukt, in dem die positiven Erlebnisse überwiegen. „Was kommt jetzt noch auf uns zu?” Henning ließ die Krisen wie Lernkrise, Wirtschaftskrise, Abikrise, Identitätskrise aufleben, stellte aber gleichzeitig fest: „Davon lassen wir uns nicht einschüchtern.”
In diesem Sinne ließen die Abiturenten des RGS die Sektkorken knallen und gemeinsam mit Eltern, Geschwistern, Freunden und Lehrern einen besonderen Tag ausklingen. Foto: mr