Selbst wenn man alleine vor seinem Telefon oder Tablet sitzt, ist man dank der Videokonferenz alles andere als einsam. Wir lassen die Sektkorken zum Geburtstag knallen, erzählen unser Erlebtes und wagen uns sogar an Gesellschaftsspiele heran.. Erstaunlicherweise fühlt es sich an, als säßen wir tatsächlich beieinander, die räumliche Trennung von gut 600 Kilometern verschwimmt –ähnlich wie zeitweise die Bildqualität, der einzige Haken an der digitalen Geschichte. Es dauert und dauert und dauert, bis wir unseren eigentlich für 20.15 Uhr verabredeten Spieleabend beginnen können. Die Technik… Nach gefühlt 50 fehlgeschlagenen Videoanrufen winken mir nach etwas mehr als einer Stunde endlich meine Eltern von ihrem Sofa aus zu, meine Schwester hat es sich ebenfalls in ihrem Wohnzimmer bequem gemacht und ich sitze an meinem Esstisch. Weil nicht nur meine Mutter ein absoluter Günther Jauch-Fan ist, fällt unsere Wahl auf „Wer wird Millionär?”. Wir sind im Besitz dieses Reliktes aus dem Jahr 2000, also wird meine bessere Hälfte zum Quizmaster erkoren und ich kann das Spielmodul nutzen, mit dem ich die falschen Antwortmöglichkeiten durch Schieber „löschen” kann; offen, aber natürlich nicht einsehbar für den Rest, bleibt das Feld, das ich für die richtige Lösung halte. Die anderen müssen auf Kommando Zettel mit handgeschriebenen Buchstaben in die Kamera halten. Gleich bei der ersten Frage wird deutlich, dass diese Version einige Jahre auf dem Buckel hat. Wer trug nochmal einen Schnauzbart, ein FDP-Parteibuch und häufig einen Fallschirm? An Jürgen Möllemann kann ich mich zwar nicht erinnern, ich war einfach zu jung, aber Mümmelmann, Hampelmann und Dobermann als Nachnamen kann ich dann doch noch ausschließen. Es geht um 100 DM. Die Fragen bringen uns so manches Mal durcheinander. Einer macht aus dem Halleyschen Kometen eine Hillary, für den anderen ist Biene Maja auf einmal eine Hummel und für den nächsten das Ass eine Spielkartenfarbe. Ja, jeder hat mal einen schwachen Moment. Wir verstehen jetzt, wie sich die Kandidaten auf dem Stuhl vor Publikum fühlen müssen. Und es wird sogar richtig spannend. Unsere Eltern – sie spielen aber auch mit Know-how im Doppelpack – schaffen es bis zur 250.000-DM-Frage, denken zu wissen, wer das Théâtre du Soleil 1964 gründete, und scheitern, weil sie keinen Joker nehmen wollen. Es war übrigens Ariane Mnouchkine. Kurz um: Wir haben so einen Heidenspaß, dass wir unserer Mutter gleich die Neuauflage des Wissensspiels schenken. Aber auch „Stadt, Land, Fluss” sorgt für einen gesellig-launigen Abend vor den Bildschirmen. Deswegen mein Tipp: Es gibt so viele Spiele, die (mit kleinen Abwandlungen) auch durch das Telefon oder Tablet viel Freude bringen. Probieren Sie es doch einfach mal aus. Viel Glück! Text/Foto: jl