Moderatoren waren erneut Dr. Henning Lemme und Landesbischof Jürgen Johannesdotter. Den Rahmen des Abend bildeten Fachbeiträge und Diskussionseinheiten.
Dr. Günter Schlusche sicherte zunächst die Ergebnisse der ersten Versammlung. In der Arbeitsgruppe, geleitet durch die Schaumburger Landschaft, habe es sechs Kernthesen gegeben: Zunächst gäbe es noch immer eine große Unwissenheit über das Geschehen in Schaumburg in der Zeit zwischen 1933 und 1945. Dies habe die große Betroffenheit während der Vorträge gezeigt.
Daher müssten konkrete Namen und Ereignisse in das Projekt einfließen. Die Dokumentation solle zudem die Breite der Nazi-Opfer abbilden. Es habe neben den Juden in Schaumburg weitere Opfergruppen gegeben. Auch die Täterdimension müsse bearbeitet werden. Das Projekt sei an authentischen Orten zu installieren. Emotionen und Verstand müssten gleichermaßen angesprochen werden. Als letzten Aspekt verwies Schlusche auf den Gegenwartsbezug „Wir brauchen ein Projekt mit Präsenz”.
Nicht alle der anwesenden Zuhörer stimmten den Ergebnissen zu. Die große Unwissenheit gäbe es in diesem Maße nicht, hieß es aus dem Publikum. Die „Betroffenheit” allein reiche nicht als Argument für das vermutete Nichtwissen.
Aus den Reihen war noch mehr Kritik zu vernehmen. Otto Hartmann verlas einen Brief: ihm sei es nicht gelungen, der Arbeitsgruppe beizusitzen. Hartmann hatte zu Beginn der Diskussion um ein jüdisches Mahnmal Unterschriften gegen den Standort und die Gestaltung gesammelt und gehört somit gemeinsam mit weitern Stadthäger Bürgern zu einer kritischen Gruppe.
Vorsichtige Kritik übten einige Besucher an der Masse der Vorträge. „Ich hatte den Eindruck, die wollten uns müde reden.”
Positiv reagierten die Besucher auf den gut durchdachten Vortrag von Andreas Kraus. Seine ersten Vorstellungen erfüllen viele der Kriterien, die in der ersten Veranstaltung fest gemacht wurden. Der Stadthäger Pädagoge erläuterte die pädagogische Funktion eines Erinnerungsprojektes. Wissen, Begreifen, Empathie sowie Moralität und Handeln seien die Schlagworte einer Pädagogik des Erinnerns.
Ein dezentrales Projekt sei für Kraus das Richtige für Schaumburg. Die Synagoge in Stadthagen könne Dokumentation und Treffpunkt gleichermaßen werden, im Steinzeichen Steinberge könne der bisherige Raum erweitert werden um Situation der Zwangsarbeiter, die im Steinbruch arbeiten mussten. Auch das Lauenhäger Bauernhaus sei ein Ort, an dem an die Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft erinnert werden könnte. Viele Aspekte mehr aus dem ganzen Landkreis hatte Kraus in seinem dezentralen Konzept mit konkreten Orten verbunden.
Mit den Fachbeiträgen auswärtiger Referenten wollte die Arbeitsgruppe „über den Tellerrand hinaus gucken”. Beim letzten Mal gelang das hervorragend, schaffte Horst Seferens doch einen Bezug seiner recht wissenschaftlichen Theorien zu Schaumburg.
Rolf Keller stellte als Vertreter der Stiftung Niedersächsischen Gedenkstätten für die zweite Veranstaltung den Referenten von außerhalb. Seine Anmerkungen zum Erinnerungsprojekt Schaumburg fielen sehr allgemein aus. Knapp die Hälfte des Vortrages bezog sich auf die Arbeit der Stiftung. Keller verwies auf die Hilfestellung für die regionalen Projekte vor Ort: Finanzielle Hilfen, Unterstützung bei der Recherche, Beschaffung von Materialien. Die Stiftung organisiere „Workcamps”, die auch für Schaumburg denkbar seien.
Jürgen Lingner und Rolf-Bernd de Grot brachten die regionalen Bezüge in ihren Vorträgen deutlich hervor. Durch de Grots Vortrag erkannten die Zuschauer die Menge der bisherige Erinnerungsorte in Schaumburg. Darunter verwies er auf die jüdischen Friedhöfe genauso wie auf kleine Steine, beispielsweise an der Autobahnbrücke im Auetal. Jürgen Lingner nahm gezielt die alte Synagoge in Stadthagen in den Blick. Sie sei als Lagerraum bis vor kurzem genutzt worden. Die Firma habe aber signalisiert, dass sie den Raum für eine Nutzung im Rahmen des Erinnerungsprojektes frei stellen werde. Foto; ih
Buz a: Pädagoge Andreas Kraus stellt seine Ideen für ein dezentrales Erinnerungsprojekt vor.