Im Trio moderierten Landwirt Achim Pohl, Imker Peter Davidovic und Landvolk-Mitarbeiter Thomas Wille die Diskussion, die in der zweiten Begegnung dieses Jahr nahezu losgelöst und freundschaftlich geführt wurde. Kritik kam trotzdem auf den Tisch, denn: „Die Planung zur Bewirtschaftung der Äcker und das Aussäen von Blühstreifen planen Theoretiker am Schreibtisch, die keine Ahnung von den Geschicken draußen haben.” Landwirte und Imker sind sich einig: „Die Politik muss sich ändern.” Doch weil dies bekanntlich nur zäh vorangeht, will die Gruppe jetzt selbst aktiv werden. Zum nächsten Treffen Anfang des Jahres 2019 wird ein Positionspapier „Gelldorfer Appell” von Pohl und Davidovic erstellt, dass gemeinsam beim Stammtisch besprochen und überarbeitet werden soll. Im Kern ging es an diesem Abend darum, dass Landwirte und Imker enger zusammenarbeiten müssen: Verschiedenste politische Auflagen und teilweise Unverständnis für das Ökosystem sorgen dafür, dass für die Menschheit lebenswichtige Insekten sterben bis aussterben, weil sie durch Maschinen und massive Bewirtschaftung der Äcker keinen Lebensraum mehr vorfinden. An alle Insekten denken „Wir Landwirte müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Wir können für eine Biotopvernetzung sorgen, Korridore anlegen, dort wo Gewässer fließen – dafür braucht es Akzeptanz aus unseren Reihen. Es gehören zum Beispiel auch Apfelbäume ins Feld. Natürlich gibt es immer Menschen, die nie genug kriegen können. Doch wir müssen es einfach anpacken, an uns rütteln, wir haben davon auch einen Nutzen und es sorgt für eine positive Außenwirkung”, hielt es Landwirt Jörg Windheim aus Beckedorf fest. Er sorge seit 15 Jahren regelmäßig für Blühstreifen und arbeite mit dem Imker und Landwirt Richard Mensching aus Lindhorst zusammen. Martin Schochow, Sachverständiger der Landwirtschaftskammer in Hannover erinnerte daran, dass es nicht nur die Bienen allein seien, die bestäuben, sondern die Insekten insgesamt. Er wies auf knapp 600 verschiedenen Wildbienenarten hin. . Die Mehrheit davon lebe allein, nicht in Völkern. Ihnen fehlen die Möglichkeiten zu brüten, da Sandbienen beispielsweise offene Flächen und einen Überwinterungsplatz für ihre Eier benötigen. „Mehrjährige Blühstreifen machen für alle Insekten Sinn”, erklärte Schochow. Die Zeiten von „ratzekahl” seien längst vorbei, wie Imker Heinrich Müller bekräftigte – Landwirte müssen Biotop-Brücken stehen lassen. „Jedes Lebewesen, auch der Mensch, sucht sich eine Nische und wird sich dort etablieren, wenn die Bedingungen passen – wir müssen die Insekten in Ruhe lassen und ihnen vor allem Raum geben”, erklärte Müller. Kommunen und Bürger „Früher” habe es riesige Obst- und Gemüsegärten gegeben, nicht nur auf Bauernhöfen, sondern auch in Gärten von Einfamilienhäusern. Die heutige Wahrheit lautet: Steingärten, weil sie augenscheinlich weniger Arbeit machen. Über die Schönheit solcher Gärten lässt sich streiten – was jedoch äußerst bedenklich dabei ist: Insekten finden in Steinen weder Nahrung noch Lebensraum. So lautet der Appell an die Bürger: Pflanzt Blumen, Hecken und Bäume, mäht nicht so oft den Rasen und lasst im Garten auch mal „Fünfe grade” sein – dann summt und brummt es bald wieder. Auch viele Kommunen sind übereifrig, was die Pflege von sogenannten Grünstreifen im öffentlichen Raum angeht. Da werde sehr oft einmal zu viel, statt einmal weniger gemäht. Hier gilt es aufzuklären und gemeinsam an einem Strang zu ziehen, um das Insektensterben zu stoppen und den Kleinlebewesen wieder Lebensraum zu schaffen. Es ist eine Sache der Gewohnheit: Viele Bürger freuen sich über Blühstreifen mitten im Ort, es fällt sofort auf. Und: Die Natur regeneriert sich bekanntlich selbst, wenn sie genügend Ruhe vor Menschenhand hat. Achim Pohl teilte mit, dass es in Obernkirchen derzeit Gespräche mit der Verwaltung gebe, um als „blühendes Beispiel” voranzugehen. Er hoffe auf eine positive Entwicklung. Pilotprojekt anschieben Thomas Wille fasste am Ende der Diskussion zusammen, dass man gemeinsam ein Pilotprojekt in Schaumburg realisieren könne – mit einem Korridor an den Bächen beginnen. In entfernter Zukunft wäre vielleicht sogar ein „Grünes Band Schaumburg” möglich. Kleine Schritte führen ans Ziel: „Wir sind auf einem guten Weg”, so Wille abschließend. Auch wenn es in der heutigen Gesellschaft oft als Utopie angesehen wird, so lässt sich doch sagen: Nur wer nach den Sternen greift, kann seine Visionen auch verwirklichen. Rückblick auf 2017/2018