Die Stadtverwaltung Rinteln hat von der Politik den Auftrag erhalten, eine kommunale Verpackungssteuer nach dem Tübinger Modell zu prüfen. Bereits vor etwa 18 Monaten stellten die „Rintelner Interessen” (RI) einen solchen Antrag, im Januar diesen Jahres zog die SPD nach. Ziel sei Müllvermeidung und die Reduzierung von Einwegverpackungen; die Einnahmen spielten dabei keine vorrangige Rolle.
Wie läuft es in Tübingen?
Die konkrete Steuerhöhe im Tübinger Modell beträgt 50 Cent pro Verpackungseinheit; und zwar für Gegenstände wie Kaffeebecher, Bowlboxen, Schalen, Besteck, Pizzakartons, Alufolie, Pommespieker oder ähnliche Verpackungen, die für Speisen zum Sofortverzehr bestimmt sind. Betroffen von einer solchen Steuer wären also alle Betriebe, die Essen außer Haus in Einwegverpackungen ausgeben. Mögliche Ausnahmen: Vereine oder Kleinstbetriebe könnten von der Steuer ausgenommen werden. In Tübingen waren es nach Einführung der Steuer etwa eine Millionen Euro, die im Jahr eingenommen wurden. Tendenz allerdings sinkend, da immer weniger Einwegverpackungen genutzt und somit versteuert werden mussten. Es gibt also auch Argumente Pro Steuer.
Verfahren und Zeitplan in Rinteln
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Steuer als verfassungskonform bestätigt hatte, nahm die geplante Steuer auch in Rinteln an Fahrt auf. Dennoch: Es gibt noch keine endgültige Entscheidung darüber, ob eine solche Steuer eingeführt wird. Nachdem die Stadtverwaltung sich bereits mit Rintelner Vereinen ausgetauscht hatte, gab es jetzt eine Befragung von Gastronomen, Einzelhändlern, Kinobetreibern und mehr. Im September wird es dann noch eine Onlinebefragung Betroffener geben und die Ergebnisse werden im Oktober vorgelegt. Am 12. November ist dann vorberatender Finanzausschuss und am 27. November findet die Ratssitzung statt, auf der die Verwaltung der Politik eine Beschlussempfehlung vorlegen muss, ob sie die Einführung einer solchen Steuer als sinnvoll oder nicht erachtet. Rinteln schätzt etwa 300.000 Euro jährlich an Einahmen, gegen die eine zusätzliche halbe Verwaltungsstelle gegengerechnet werden muss.
Das Pro und Contra einer Verpackungssteuer
Unter den Gastronomen und Einzelhändlern herrschte relative Einigkeit, dass die Einführung einer Verpackungssteuer zu Nachteilen beim Umsatz führen würde. Sven Darmietzel von „Kuddels Grillstube” machte es an einem Beispiel fest: „Ein halbes Hähnchen mit Pommes, Pieker und Krautsalat würde zwei Euro an Mehrkosten für die Kunden bedeuten!” Kritik auch vom neuen Marktkaufinhaber André Pointmayer. Der Marktkauf biete bereits in vielen Bereichen Mehrwegverpackungen an, die jedoch nur zu einem sehr kleinen Prozentsatz von den Kunden genutzt würden. Auch Julia Koschitzke als McDonald’s-Franchisenehmerin konnte dies bestätigen. Sie lässt jeden Tag einen Mitarbeitenden ihres Unternehmens eine Stunde lang rund um die Filiale Müll aufsammeln. Für Bürgermeisterin: Andrea Lange, die zur Info-Veranstaltung Linda Mundhenke, Nadine Geschke (Finanzabteilung) sowie Daniel Jakschik (Wirtschaftsförderung) mitgebracht hatte, waren die Argumente wichtig in der Entscheidungsfindung eines Beschlussvorschlags für die Politik. Besonders Jakschik betonte die Notwendigkeit einer Abwägung zwischen Umweltzielen und potenziellen Standortnachteilen für Rinteln. Und noch einen weiteren Punkt solle man nicht außer Acht lassen, so Falk Giese: „Vielleicht entscheiden sich dann einige Anbieter gegen eine Teilnahme auf Rintelner Veranstaltungen, wenn eine solche Steuer eingeführt wird!” Wie es allerdings auch gehen könnte, zeigte Kai Jürgens von „Green Bee”, der ein Mehrwegsystem eines Anbieters ohne Pfand und Vorfinanzierung nutzt. Eine klare Absagte für eine Sondersteuer gab es von Martin Wrede von der IHK: „Keine zusätzlichen Belastung für die Wirtschaft, der geht es ohnehin schon nicht besonders gut!”