LAUENAU (al). 140 Zuhörern wollten ihren Ohren kaum trauen. Im Lauenauer „Kesselhaus” (Eigentümer Thomas Ritter: „Hier ist es so voll wie noch nie!”) erlebten sie eine Reise durch die Welt. Mit dem Akkordeon zauberte Ulrike Dangendorf Bilder und Szenen aus der Weite Russlands, aus dem quirligen Betrieb der New Yorker U-Bahn und auch aus der fast noch unberührten Natur in ihrer Wahlheimat Weserbergland.
Wann hat man je schon mit diesem Instrument das Stempeln russischer Zollbeamter in Pässe und Visa gehört? Wann das Hupkonzert bei einer Taxifahrt durch Moskaus Straßen oder das fröhliche Springen einer Ziege in den Bergen Tadschikistans? Dangendorf schafft es dank „tönender Luft” und mit Hilfe von Tasten und Knöpfen ihres Akkordeons.
Es sind fast ausnahmslos eigene Kompositionen, die das musikalische Genie in ihrem Repertoire hat. Dass das Publikum allerdings gleich zum Auftakt mit „Hänschen klein” überrascht wurde, machte Sinn. Dangendorfs „Musiklehre” bestand darin, im Drei-, Vier- und Sieben-Viertel-Takt die Unterschiede landestypischer Folklore darzustellen.
Doch gleich danach zeigte die Hamelnerin die ganze akrobatische Vielfalt ihrer Finger. Das musikalische Talent war ihr wohl schon in die Wiege gelegt worden: Mit sechs Jahren übte sie Klavier; später nahm sie unter anderem Querflöte und Saxophon in die Hand. Doch die wahre Leidenschaft begann, als sie bei einem Trödler eine alte „Quetschkommode” entdeckte: „Gekauft, verliebt und gespielt.” So begann das Miteinander von Virtuosin und Instrument, das das Publikum immmer wieder begeistert: „So habe ich Akkordeon noch nie gehört”, heißt es oft nach den Konzerten.
Den Lauenauer Zuhörern erging es ähnlich. Mit Begeistreung nahmen sie die „poetischen Reisen im Luftstrom” auf. Geradezu spielerisch flogen Dangendorfs Finger und malten regelrecht Bilder vom flötenden Schlangenbeschwörer, vom Altschnee unter Brombeerbüschen im Ith, vom säuselnden Wind am Berghang. Selbst die Geister ihres alten Fachwerkhauses machte sie lebendig: den preußisch-militärischen Schritt des Unbekannten ebenso wie flirrend-glasige Stimmchen unter dem Dach. Und dazu knarrten die alten Dielen. Foto: al