Nach seiner Begrüßung widmete sich Hans-Jürgen Niemeier zunächst dem nahen Kernkraftwerk in Grohnde: „In einem Ernstfall würden wir uns noch in der für Fukushima geltenden Sperrzone befinden,” so Niemeyer. Insoweit könne auch der Hinweis auf den Katastrophenschutzplan der Landkreise Hameln-Pyrmont und Schaumburg nicht wirklich beruhigen. Wenig hilfreich sei in dem Zusammenhang der Verweis auf die Zuständigkeit des Landkreises Hameln-Pyrmont. Die Forderung könne daher nur lauten: „Weg von dieser gefährlichen Technik, sonst bringen wir uns irgendwann selber um.”
Zu einer kritischen Anmerkungen sah sich Niemeyer auch in Richtung Klinikum Schaumburg genötigt, da die Lohn- und Gehaltssituation in den zur Zeit noch drei Häusern „sehr differenziert” sei. Da gebe es die Bediensteten des Landkreises und die bereits ausgegliederten, privatisierten Bereiche mit gesonderter Tarifgestaltung und außerdem den Bereich der Diakonie mit eigenen Tarifen. Dazu Hans-Jürgen Niemeyer: „Es braucht dabei sicherlich nur wenig Fantasie, wie denn die Lohngestaltung des künftigen Klinikums unter Federführung von ProDiako aussehen wird.”
Ein weiteres Thema war auch die „Rente mit 67”. Dass die Gewerkschaften dazu eine ganz andere Auffassung hätten, dürfte wohl inzwischen hinreichend bekannt sein. Das Thema beschränke sich allerdings nicht allein auf das Rentenalter. Verschiedene, bisher durchaus bekannte Rentenarten werde es in absehbarer Zeit ganz einfach nicht mehr geben (Frauenaltersrente ab 60, Berufsunfähigkeitsrente, Altersrente für Arbeitslose ab 60).
Recht optimistische Aussichten für die heimische Wirtschaft diagnostizierte im Anschluss der neue Landrat, Jörg Pfarr. Zumindest die Grundstimmung der sieben Schaumburger Firmen, die er unlängst auf der Hannover-Messe besucht hatte, sei sehr positiv gewesen. Während auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt gestiegen seien, gebe es aber immer noch auch die Kehrseite: Die Finanzkrise sei noch nicht überwunden. Auch der kommunale Bereich werde noch über Jahre hinweg an den Folgen der Wirtschaftskrise leiden. Im vergangenen Jahr sei auf dieser Ebene ein Defizit von annähernd acht Milliarden Euro zu verzeichnen gewesen. Und steigende Sozialausgaben auf der einen und sinkende Einnahmen auf der anderen Seite brächten die Kommunen mit wenigen Ausnahmen seit Jahren in Bedrängnis. Die zurückgegangenen Steuereinnahmen erholten sich wesentlich später als die Wirtschaft, als die Zahl der Beschäftigten oder umgekehrt eben die Arbeitslosenzahlen.
Besorgt zeigte sich Jörg Farr darüber, dass der Landkreis erst im Jahr 2013 wieder über die Einnahmen des Jahres 2008 verfügen können wird. Da gleichzeitig die Ausgaben weiter stiegen, drückte es der Landrat andersherum aus, „werden die Einnahmen des Jahres 2008 nicht ausreichen, um die Ausgabenlast des Jahres 2013 zu schultern.” Besonders die Sozialleistungen belasteten die Landkreise, so der Verwaltungschef: „Wir können schon lange nicht mit der Kreisumlage, die wir von den Gemeinden erheben, gestalten, sondern wir finanzieren damit schlichtweg Sozialleistungen. Unsere Forderung kann daher nur lauten: Der Bund muss die Kommunen finanziell besser ausstatten. Die Instrumente dazu liegen auf dem Tisch.”
In der „speziellen Schaumburger Situation” müsse man sich indessen besonders um Mittelstand und Handwerk kümmern, die vor Ort die Arbeitsplätze schufen. Farr: „Unternehmen, die stehen zu ihrem Wort, die halten sich an Absprachen, und die sind mit der derzeitigen Zusammenarbeit sehr zufrieden.” Der Wettbewerb um Neuansiedlung sei hart, ein „großer Wurf” gelinge nicht oft. -
Zu den wesentlichen Voraussetzungen für eine prosperierende Bewegung auf dem Arbeitsmarkt zählt Jörg Farr die „vielfältige dezentrale Schullandschaft” in Schaumburg, die landesweit keinen Vergleich scheuen müsse: „Wir unterhalten fünf Gymnasien, vier Integrierte Gesamtschulen, davon eine mit gymnasialer Oberstufe, vierfach Gymnasien, sowie Berufsbildende Schulen, kombinierte und eigenständige Haupt- und Realschulen und Förderschulen. Insgesamt bestünden an zehn Bildungseinrichtungen die Möglichkeit, das allgemeinbildende Abitur abzulegen. Die Berufsschulen stünden in enger Kooperation mit Handwerk und Wirtschaft, um zeitnahe auf deren Anforderungen reagieren zu können. Einen Ausblick gab der Landrat schließlich noch auf eine strukturelle Änderung, die zu Beginn des nächsten Jahres greift: Dann übernimmt der Landkreis die Gesamtverantwortung für das „JobCenter” mit den beiden Standorten in Stadthagen und in Rinteln. Auch in diesem Bereich will der Landkreis mit diversen prophylaktischen Maßnahmen arbeiten. Konkretisierte Jörg Farr: „Wir müssen die Problemlagen der Leistungsbezieher angehen.” Zu den Stichworten zählen unter anderem psychosoziale Betreuung und Schuldnerberatung. All diese Leistungen, so Farr, seien zukünftig aus einer Hand - große Sozialbehörde Landkreis - möglich. Foto: km