„Ich möchte den Griechen zwar keine deutschen Prinzipien aufdrücken, aber die Einrichtung eines Katasteramtes beispielsweise führt dazu, dass man wenigstens weiß wem welches Grundstück gehört”, sagt der ehemalige Bankchef der Commerzbank AG mit einem leicht ironischen Unterton. Müller halte es zunächst für sinnvoll den Griechen den Euro abzuerkennen. „Wir müssen den Euro stabil halten”, sagt der Ex-Bankenchef. Allerdings sei für ihn die Schuldenkrise nicht das Problem eines einzigen Landes, für Müller „ist es eine Vertrauenskrise der europäischen Idee”. Viele Bundesländer unterscheiden sich seiner Meinung nach nicht besonders von Griechenland. Man habe einfach „über die Verhältnisse gelebt”. Es hapere doch bei vielen bereits daran die „Haushaltsdisziplin” einzuhalten. Seine Ausführungen kamen im Rahmen des Mittagsgespräches zur Redner-Tour Europa, veranstaltet durch die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) Bildungswerk Hannover, zur Sprache. Müller bezog Stellung zum Thema „Ethik und Verantwortung in der Sozialen Marktwirtschaft - Deutschlands Rolle in Europa”. Für ihn sei die Schuldenkrise ein Versagen der Politik der Länder. Nur noch 49 Prozent der Menschen seien mit der Funktion der Marktwirtschaft zufrieden. Laut Müller eine „gefährliche Entwicklung”. Deutschland müsse sich nun zurück auf seine Werte besinnen und die einst formulierten Ziele - Freiheit und Verantwortung - wieder verfolgen. Wohlstand und innere Stabilität dürfen nicht einfach so aufs Spiel gesetzt werden. Wirtschaft verfolge zwar immer einen Eigennutzen, trotzdem sei die Inflation der „Todfeind des kleinen Mannes”. Und er warnt: Aus Sicht Asiens sei Deutschland kein besonders bedeutungsvolles Land. Zwar sei die „Übernahme von Risiken in der Wirtschaft nichts verwerfliches, jedoch dürfe es keine schrankenlose wirtschaftliche Freiheit geben.” Müllers Meinung zufolge, sei das sogenannte Manchestertum (Bezeichnung für Wirtschaftspolitik, die von absolut einseitiger Interessenslage der Unternehmer ausgeht, keine Regelung des Staates zulässt und dabei soziale Probleme völlig außer Acht lässt) nicht erstrebenswert. „Wenn Top-Manager mit ihrem Gehalt unzufrieden sind, dann sollen sie doch bitte ins Ausland gehen, wenn es dort doch angeblich viel bessere Löhne gibt,” sagt Klaus-Peter Müller. Wie lange wolle Deutschland denn noch seine Schulden den Kindern aufdrücken, fragt er. Dies sei ein Thema das ihn besonders stark berühre. Der Aufsichtsratsvorsitzende könne sich gut vorstellen wie die neue Generation später auf „unseren Gräbern herumtanzt und fragt, warum wir ihnen das angetan haben.” Sein Fazit: Deutschland dürfe nicht auf andere schauen, sondern müsse endlich verstärkt Schulden abbauen. „Verantwortungsbewusstes Handeln erfordert Abwägen” sagt Müller. Dies entspreche für ihn der Ethik und Moral der sozialen Marktwirschaft. Der Schritt zum Euro sei mit einer gewissen Romantik einhergegangen. „Einen Teil der Konsequenzen können wir bereits jetzt sehen.”
Einleitende Worte hielt zuvor Burkhard Balz, CDU-Abgeordneter im Europäischen Parlament, der während des Vortrages Müllers häufig zustimmend nickte. Die Moderation hatte der KAS-Landesbeauftragte für Niedersachsen und Leiter des Bildungswerkes Hannover, Jörg Jäger, übernommen. Das Mittagsgespräch der Stiftung war ausschließlich geladenen Gästen vorbehalten, unter ihnen auch über 30 Schüler des Ratsgymnasiums.
Lange Zeit Bückeburg vorbehalten, fand die Veranstaltung erstmals auch in Stadthagen statt. Eine Fortsetzung der politischen Vortrags- und Diskussionsrunde in der Kreisstadt ist angedacht.
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