Schon Elie Wiesel hatte diese Kernfrage einer jüdisch-christlichen Theologie nach Auschwitz in seinem Theaterstück „Der Prozess von Shamgorod” aufgegriffen. Überlebende eines Pogroms im 17. Jahrundert im polnisch-russischen Grenzgebiet beschließen – ungeheuerlich! – Gott den Prozess zu machen, weil er nicht eingegriffen hat, um dem Leiden und dem Töten ein Ende zu bereiten.
Auch der jüdisch-polnisch Lyriker Itzak Katzenelson, der Auschwitz nicht überlebt hat, stellt in seinem Werk „Großer Gesang vom ausgerotteten jüdischen Volk” die Frage, wie er dichten und singen könne, während die Juden des Warschauer Ghettos im Vernichtungslager Treblinka umgebracht werden.
Aus diesen beiden literarischen Vorlagen haben die Gymnasiasten der beiden Schulen unter der Theaterregie von Harald Ruprecht und Marzena Wojtkowiak eine verdichtete Szenenfolge erarbeitet, die Texte dazu teilweise umgeschrieben und auch durch eigene ergänzt. Eine kongeniale musikalische Kommentierung erfährt diese dramaturgische Inszenierung durch die Musiker und Sänger, die von Dietmar Post betreut werden. Zwei Songs von Tom Waits, der oben erwähnte „God`s away on business” und „Misery is the River of the World” wurden in einer extra angefertigten deutsch-englischen Version von polnischen Schülern gesungen.
Die Instrumentalmusiker beweisen ihr Können durch Adaptionen von Jazz-Kompositionen des schwedischen Esbjörn-Svensson-Trio. Alles in allem eine durchweg gelungene und überzeugende Collage und Inszenierung, die an keiner Stelle in Kitsch oder Banalitäten abgleitet, sondern der Anforderung standhält, das schwierige Thema der Theodizeefrage angesichts der Shoah umzusetzen. Der konzentrierte und lang anhaltende Beifall des Publikums in der Gedenkstätte würdigte diese Leistung des Ensembles.
Nach den Auftritten in Stadthagen, Slupca und in der Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim, drei Kilometer entfernt von der Gedenkstätte Auschwitz, erfolgte eine Einladung in die Gedenkstätte nach Bergen-Belsen, der die jungen Künstler aus Stadthagen und Slupca trotz Schul-Stress gern nachgekommen sind. Neben dem Hamburger Abendblatt hat auch der NDR bei „Hallo Niedersachsen” über diese ungewöhnliche Aufführung berichtet.