Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover Ralf Meister betonte bei seiner Predigt während des Gottesdienstes in der Stiftskirche, dass das Stift in Obernkirchen zu den Orten gehöre, welche den christlichen Glauben über die Jahrhunderte gewahrt hätten. Das Stift sei ein Bau von „großartiger Schlichtheit”, der Geschichte atme und dessen Räume Charisma besäßen. In den Stiftsdamen sei ihm eine Gemeinschaft von selbstbewussten Frauen begegnet, so Meister. Dadurch, dass diese ihre Geschichte und ihre vielfältigen Berufserfahrungen einbringen würde, werde es erst möglich, eine Institution wie diesen zu führen und zu erhalten. Die Gemeinschaft könne auf eine lange Geschichte der Selbstbestimmung und Selbstverwaltung zurückschauen. Und wie sich bereits bei der Einführung der Reformation in Schaumburg gezeigt habe, auch auf eine gehörige Portion Widerstandsgeist. Äbtissin Susanne Wöbbeking betonte, dass das Stift seit seiner Gründung nahezu durchgängig von Frauen bewohnt worden sei. Diese hätte es immer wieder verstanden, sich erfolgreich mit den sich wandelnden Zeiten auseinanderzusetzen. Die junge Schaumburger Poetry-Slammerin Nina Dopheide gab anschließend in Reim-Form einen originellen Überblick über diese sich wandelnden Zeiten. Von der Vorgeschichte und der Gründung als Augustiner Chorfrauenstift im Jahre 1167 durch Bischof Werner von Minden ging es flott bis in die Gegenwart. „Nur in Obernkirchen die katholische Nonnen, waren für das Neue nicht gewonnen”, erinnerte Dopheide beispielsweise an die Einführung der Reformation durch den Fürsten in Schaumburg, der sich die Damen im Kloster über rund sechs Jahre verweigerten. Mit „Hey licht” (er lügt) fuhren diese dem nun lutherischen Pastor in die Predigten. Das Kloster wurde damals in ein adliges evangelisches Damenstift umgewandelt. Annette Schwandner, Leiterin der Abteilung Kultur im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, verwies auf die sehr weitgehende wirtschaftliche Eigenständigkeit des Damenstiftes, die Nina Dopheide bereits mit den Versen angesprochen hatte: „Hier ist die Äbtissin zu nennen, ich glaube, die muss richtig gut rechnen können”. In erster Linie durch Vermietung und Verpachtung finanziere sich die Gemeinschaft weitgehend selbst. Als selbständige Körperschaft des öffentlichen Rechtes gebe sich das Stift selbst eine Satzung, die vom Ministerium lediglich genehmigt werde. Außergewöhnlich sei die lang zurückreichende Tradition der Eigenständigkeit, so Schwandner. Die Möglichkeit zu einer derartig freien Entfaltung von Frauen wie im Stift habe es in früheren Jahrhunderten nur selten gegeben. Mit einigem diplomatischen Geschick habe die Gemeinschaft diese behauptet und eine eigene Spiritualität entwickelt. Hans-Christian Biallas, Präsident der Klosterkammer, hob die enge Verbindung der Klosterkammer zum Stift in Obernkirchen hervor. Die Klosterkammer werde mit einigen Zuschüssen für Sanierungsmaßnahmen an den historischen Bauten ihrer Aufgabe gerecht, „die Hülle zu schaffen, in der geistiges Leben stattfinden kann”. Im Stift in Obernkirchen verfüge die Klosterkammer über einen geschickt wirtschaftenden Partner. Landrat Jörg Farr unterstrich in seinem Grußwort, dass sich das Stift mit sozialem, kirchlichem und kulturellem Engagement in vielfältiger Weise in das Leben in Obernkirchen einbringe. Dies hob auch Bürgermeister Oliver Schäfer hervor, der einst weitgehend abgeschlossene Stadtbereich habe sich längst dem Ort Obernkirchen geöffnet. In ihrer geschichtlichen Entwicklung seien Gemeinde und Stift stets eng verbunden gewesen. Heute würden beide Seiten partnerschaftlich zusammenarbeiten, wie beispielsweise bei der Sanierung der Stiftsmauer. An den von zahlreichen Gästen besuchten Gottesdienst schloss sich ein Empfang an.Foto: bb