Das Paar führt schon seit längerer Zeit einen intensiven Schriftverkehr mit den Behörden. „Eigentlich müssten es noch viel mehr sein”, verlangen sie von der übrigen Bevölkerung, die sich vor Jahren in einer langen Unterschriftsliste mit ähnlichen Forderungen eingetragen hatte. Ihr Ärger richtet sich inzwischen nicht nur gegen die Lärmverursacher: „Polizei, Verwaltung und Politiker lassen uns im Stich”, bilanzieren sie die bisherige Korrespondenz und die „ausweichenden Antworten” der Behörden.
Kietzke und Choyna haben nach eigenen Angaben nichts gegen die üblichen Motorradausflügler, die die kurvenreiche Strecke über den Deister gern nutzen: „Die können ruhig fahren.” Was sie nervt, sind die „Rennen”, die sich einige Motorradfahrer offenbar zu liefern scheinen: „Stundenlang fahren sie auf der Straße hin und her”. Die Geräusche lassen, so die beiden Beschwerdeführer, sogar manipulierte Motoren vermuten.
Im vergangenen Jahr hatten sie noch gehofft, es würde sich endlich etwas ändern. Doch bis auf eine vor wenigen Wochen erfolgte Tempobegrenzung in den engen Kurven des Kappenbergs auf 50 km/h tat sich nichts. „An die Verkehrszeichen hält sich doch niemand”, sind sich die beiden sicher.
Ein Blick ins Internet gibt ihnen recht: Auf „You Tube” hat sich vor wenigen Wochen ein Biker verewigt, indem er seine rasante Tour bergauf und bergab selbst filmte – mit hohem Tempo an den reglementierenden Verkehrszeichen vorbei. Daneben gibt es etliche weitere Kurzfilme, die den Missbrauch der Landstraße als Rennstrecke belegen. „Der Ortsname Messenkamp ist sogar bei Bikern in Süddeutschland ein Begriff”, weiß Bürgermeister Frank Witte.
Was Kietzke und Choyna besonders erbost, ist die Ankündigung der Behörden, den Unterfahrschutz bei Leitplanken zu verbessern. „Damit wird die Strecke für die Rennfahrer noch sicherer gemacht”, schimpfen sie. Doch an den Schutz der Anwohner vor dem Lärm werde nicht gedacht.
Eine Fahrt an einem frühsommerlichen Nachmittag auf dem beklagten Streckenabschnitt nimmt sich durchaus abenteuerlich an: In engen Kurven kommen Motorradfahrer in der Fahrbahnmitte entgegen – mit abgewinkelten Beinen.
„Die haben Stahlkappen auf den Knien”, berichtet ein älterer Biker, der mit der Maschine seines Sohnes über den Deister gekommen ist. Seit einem eigenen schweren Unfall am Nienstedter Pass ist er nach eigenen Angaben „vorsichtig” geworden – und schüttelt selbst den Kopf über „verrückte junge Fahrer”. „Unberechenbar und leichtsinnig” seien sie.
Am kleinen Wendeplatz am Kappenberg stehen wenigstens drei Dutzend Motorradfahrer. Immer wieder setzen sich einige auf ihre Maschine. Laut heulen die Motoren in den Kurven bis hinunter zu den ehemaligen Müllkippen. Dort wenden sie und fahren mit Vollgas retour.
In der jüngsten Antwort des Landkreises an das Ehepaar Kietzke/Choyna räumt der Landkreis ein, dass sich Anwohner durchaus gestört fühlen könnten. Doch ansonsten blieb es bei ausweichenden Auskünften wie dem Hinweis auf durchgeführte schalltechnische Lärmberechnungen, die keine Grenzwerte ergeben hätten. Allerdings hat der Landkreis beim Nenndorfer Polizeikommissariat verstärkte Tempoüberwachungen angeregt. „Die machen wir auch”, bestätigt Leiter Michael-Andreas Meier, der gleichfalls Verständnis für die Kritik der Einwohner aufbringt. Doch auch für die Polizei sei „das Thema schwer zu greifen”. Die kurvenreiche Strecke lasse kaum Tempomessungen zu. Außerdem spreche sich Polizeipräsenz selbst mit Zivilfahrzeugen unter den Bikern schnell herum. Das Kommissariat aber habe für die Sommermonate „einige Maßnahmen” vorgesehen.
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