Leben ohne Handy und eigenem Bett | Schaumburger Wochenblatt

Leben ohne Handy und eigenem Bett

Übernachten beim Schäfer. (Foto: privat)
Übernachten beim Schäfer. (Foto: privat)
Übernachten beim Schäfer. (Foto: privat)
Übernachten beim Schäfer. (Foto: privat)
Übernachten beim Schäfer. (Foto: privat)

Nach mehrwöchiger Vorbereitungszeit war es endlich soweit: 46 Schülerinnen und Schüler IGS-Rodenberg starteten in ihr persönliches Projekt, ihre persönliche Herausforderung, in selbstgewählten Kleingruppen. Und damit verließen sie das wohlbehütete und bequeme Zuhause sowie den geregelten Schultag – und alles ohne Handy. Dafür mit einem Fahrrad, mit Satteltaschen und Rucksack der persönlichen Ausstattung, Zelt- und Schlafutensilien, Teller, Besteck und einem kleinen Kocher, um innerhalb von acht Tagen ein selbst gestecktes Ziel zu erreichen, wie etwa Rotterdam, Hamburg, Hengelo in den Niederlanden oder einen Gnadenhof.

Lehrkräfte der IGS-Rodenberg gaben diesem Projekt Raum, um die Schüler aus dem achten und neunten Jahrgang ganz bewusst aus ihrer Komfortzone zu locken. Letztlich möglich wurde es durch ehrenamtliche Unterstützer, den Companions, die nach entsprechender Vorbereitung die Kleingruppen begleiten, wenn nötig unterstützen ohne selbst anzuführen. Denn das Projekt „Herausforderung“ ist mehr als eine Klassenfahrt, was die Jugendlichen sehr schnell auf ihrem Weg erlebten.

Im Gespräch mit einigen Teilnehmenden wurden schnell zwei Meinungen besonders deutlich: Viele haben ihre Familie und ihr Bett vermisst – aber würden diese Projekt durchaus nochmals machen. Andere haben nichts vermisst, auch das Handy nicht, weil es Spaß im Team gemacht habe. „Im Team ist es nicht immer so einfach. Es gab auch mal Streitigkeiten“, meinte ein weiterer Schüler. Ernähren mussten sie sich von 100 Euro pro Person – und die Begleitperson davon mit beköstigen. Am Ende hatten sie allerdings noch rund 30 Euro pro Person übrig. In Geschäften fragten sie erfolgreich nach Vergünstigungen. Kostenlos gab es sogar eine Kiste Obst. In einer Bäckerei wurden ihnen Brötchen geschenkt. Auf einer kleinen Grillfläche wurde Reis mit Gemüse gekocht. Und der anschließende „Abwasch“ gehörte dazu.

Hier und da wurde die Übernachtung am Ende des Tages durchaus sehnlichst erwartet, auch wenn der Zeltplatz erst gesucht und das Zelt aufgebaut werden musste. Jeder transportierte sein Zelt selbst - bei täglichen Fahrstrecken zwischen 30 und 80 Kilometern und mit rund 20 Kilogramm Gepäck. Zu den Herausforderungen gehörte auch das Teamleben, „wenn Streitigkeiten entstanden und der Abend unter bedrückter Stimmung seinen Abschluss fand. Aber wir haben uns dann wieder vertragen“.

„Wir haben es bis Hamburg geschafft und waren im Miniaturland in Hamburg. Dort haben wir selbstgebastelte Figuren von uns in die Miniaturlandschaft stellen dürfen, verbunden mit einem Backstage-Besuch“, berichtet Paul voller Stolz. Für diese Gruppe war dies das Ziel und somit auch das Highlight. Von der Sache her würden es die meisten Schülerinnen und Schüler nochmals machen. Die ganze Herausforderung hat ihn gefallen. „Es war schon ungewöhnlich, sich den ganzen Tag auszuhalten“, so ein Zwischenruf eines Schülers. Nicht immer war alles Teamwork. Die Begleiter seien wichtig gewesen. Nicht nur bei Streitigkeiten, sondern auch mal beim Einkaufen.

Zu den Erfahrungen der Woche zählen die Jugendlichen allem voran das Erreichen des Ziels. Dann aber auch, dass viele Menschen hilfsbereit sind und sie immer wieder nette Menschen getroffen haben. Ebenso die Zusammenarbeit, das lösen eines Streites, die erlebte Gastfreundschaft. Und: „Die vielen Kilometer pro Tag und innerhalb einer Woche zu fahren.“
„Alle haben ein Ziel erreicht. Aber es wurde zwischendurch auch mal verändert. Eine wichtige Erfahrung“, so die Pädagogin Annalena Engelking. Schulleiterin Ina Letkemann resümiert: „Die Kinder lernen auf diese Weise in bestimmten Bereichen viel mehr, als im Schulalttag. Auch wenn man es nicht gleich merkt. Dazu gehört das Miteinander und vor allem die Sozialkompetenzen. Das wirkliche Erleben, was wir in der Schule gar nicht ermöglichen können. Zum Beispiel nicht aufzugeben, das Vertrauen in sich selbst zu behalten. Als Schule haben wir die Möglichkeit, dies zu begleiten.“


Winfried Gburek
Winfried Gburek
Freier Redakteur Schaumburger Wochenblatt
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