MESSENKAMP (al). An der Landstraße genau zwischen Messenkamp und Hülsede herrschte allmorgendlich reges Treiben. Pferdefuhrwerke und später Treckergespanne fuhren vor; Milchkannen klapperten laut auf der großen Rampe. Von 1925 bis 1964 bestand hier eine Molkerei. Ihre Produkte waren nicht nur in der engeren Umgebung gefragt. Käse und Butter aus dem Deister-Sünteltal schmeckte auch den Hannoveranern, die den Bedarf unter anderem in der großen Markthalle deckten. Und die Schlagsahne wurde an jedem Nachmittag per Bahn zur Weiterverteilung an die große Molkerei in Bad Rehburg geschickt. Bis zum Beginn einer professionellen Milchverwertung hatten die Landwirte selbst dafür zu sorgen, das verderbliche Tierprodukt zu verarbeiten oder zu konservieren. Was für den Eigenbedarf von Mensch und Tier nicht benötigt wurde, brachten „Pooksmutter” und „Griesenmutter” dreimal in der Woche mit großer Kiepe auf dem Rücken und Körben in den Händen mit dem Zug nach Hannover. Dort belieferten sie eine feste Kundschaft. 1925 ließ ein Unternehmer aus Peine die Molkerei bauen und verpachtete sie an Amanda und Albert Stieghan. Anfangs verarbeitete die Molkerei täglich etwa 500 Liter Milch aus den Höfen Messenkamp und Altenhagen II zu Sahne, Butter, Buttermilch, Magermilch, Sauermilchquark. Vom Abfallprodukt Molke wurden bis zu 175 Schweine gefüttert, die in einem Anbau untergebracht waren. Als Hauptabnehmer der gemästeten Tiere galten die hannoverschen Traditionsfirmen Ahrberg und Weishäupl. Mit der Zeit wuchs der Einzugsbereich der Molkerei. Aus jetzt sieben Dörfern wurden bis zu 5000 Liter verarbeitet. Im Jahr 1936 sorgten 367 Kühe im Einzugsbereich für durchschnittlich 3508 Kilogramm Milch und 115 Kilogramm Fett. Die fetteste Milch kam aus Hülsede. Die fertigen Produkte wurden mit Zug, Pferdewagen oder Fahrrad zu den Kunden gebracht. Nach dem Krieg erleichterte das Auto die Lieferung frei Haus. „Das aufgespritzte ‚Molkerei Messenkamp‘ auf beiden Seiten des Wagens sorgte natürlich für weitere Reklame”, erinnerte sich die letzte Eigentümerin der Molkerei, Gisela Kraus, in ihren Lebenserinnerungen. Doch mehr noch war es wohl die Qualität: Ein Kunde aus Barsinghausen kam viele Jahre mit dem Fahrrad über den Deister, nur um Messenkämper Butter zu holen. Dabei habe es auch im Calenberger Land Molkereien gegeben, wunderte sich Kraus noch am Lebensabend. Ebenfalls in der Nachkriegszeit kam der zunächst als „Schichtkäse” bezeichnete Speisequark ins Sortiment. Weil dieser das gesamte Magermilchaufkommen verlangte, wurde die Schweinemästerei abgeschafft. Aus dem Stall entstand eine moderne Käserei. Bis weit in die fünfziger Jahre wurde die Frischmilch von den Höfen mit Pferd und Wagen zur Molkerei gebracht. Einer der drei „Milchkutscher” aus den Bereichen Messenkamp/Altenhagen II, Pohle/Meinsen und Hülsede war der Altenhäger Landwirt Werner Lüerssen in über 20 Jahren. Seine Pferde müssen die tägliche Route bestens gekannt haben. In Messenkamp wendeten sie bei der morgendlichen Abholung am Hof Uhlenbecker schon von allein, weil es dann in Richtung Hülsede weiterging. Als die ersten Trecker die Pferdegespanne ablösten, fanden sich jüngere Nachfolger für den zuverlässigen täglichen Transport. Bald hatten sie einen neuen Weg. Denn nach dem Ende der Messenkämper Molkerei nahm der Betrieb in Lauenau die Messenkämper Anteile ab. „Nur die Milch in den Kannen – das blieb!”, schrieb die Gisela Kraus. Sie starb 2017 im Alter von fast 97 Jahren. 
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