Ganze Generationen kennen den Titel aus über 50 Jahren „Sesamstraße“. Damit habe ich mich aber nicht beschäftigt – jedenfalls nicht mit dem zweiten Teil des Titels. Bei einer gar nicht so weit zurückliegenden Veranstaltung, die ich besuchte, waren auch einige Personen mit Migrationshintergrund anwesend. Viele kannte ich und wusste daher, dass sie teilweise schon länger in Deutschland leben. Aufgefallen ist mir in den Gesprächen, dass, bei allen respektablen Deutschkenntnissen, ganz häufig ein falscher Artikel benutzt wurde. Von dieser Stelle an bitte ich jetzt alle Germanisten und Sprachwissenschaftler, nicht mehr weiter zu lesen; ich erwarte sonst einen „Shitstorm“. Nun ist es kein Geheimnis, dass wir grundsätzlich drei bestimmte Artikel für unsere Substantive verwenden - der, die, das – auch Maskulinum, Femininum und Neutrum genannt. An der Stelle wird es jetzt spannend, insbesondere für jemanden, der die deutsche Sprache lernen möchte. „Der Mann, die Frau, der Junge, … aber das Mädchen!“ Finde den Fehler! Wie soll ich jemanden aus einem nichtdeutschsprachigen Land das erklären? Im allwissenden World Wide Web habe ich eine Antwort gefunden: Muttersprachler lernen die Verwendung des passenden Artikels intuitiv, alle anderen müssen eben auswendig lernen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, das statistische Bundesamt Baden-Württemberg schätzt die Zahl der Nomen (Substative) auf etwa 80.000. Auf geht’s, kann man da nur sagen. Aber keine Sorge, die muss man nicht alle lernen.

Circa 500.000 Wörter umfasst der deutsche Wortschatz der Alltagssprache

Der Duden, das deutsche Universalwörterbuch, lässt mich wissen, dass der Wortschatz der deutschen Alltagssprache circa 500.000 Wörter umfasst, der zentrale Wortschatz im Gesamtdurchschnitt bei etwa 70.000 Wörtern liegt – und da sind alle Wortformen enthalten. (Mein heutiger Beitrag zur Rubrik „Thekenwissen). Das Auto, das Fahrrad, der Roller, die Bahn (auch mit der Verspätung). Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr Hochachtung habe ich für alle, die ernsthaft am Erlernen unserer Muttersprache arbeiten. Warum wir es uns so schwer mit der Erfindung der Artikel gemacht haben, dafür finde ich keine befriedigende Antwort. Hinweise auf die Entstehung der Mittelhochdeutschen Sprache zwischen 1050 und 1350 brachten mich nicht wirklich weiter. Nachbarländer begnügen sich wenigstens mit nur zwei Artikeln, le und la in Frankreich, la und el in Spanien. Am meisten Begeisterung findet bei mir natürlich das Englische. Mit einem einfachen „the“, gern mit einem gelispelten Tie-eitsch, ist alles gesagt. In Richtung Osteuropa gibt es sogar slawische Sprachen, die kommen ganz ohne bestimmte Artikel aus – Chinesisch im Übrigen auch. Etwas Gutes hat meine Recherche zu diesem Thema dann doch noch gebracht.

Freundlichkeit, Nettigkeit, Zärtlichkeit sind feminine Substative

Es existieren tatsächlich ein paar Hinweise auf, na ja, Regeln: Blumen, Zahlen, schöne Wörter auf die Endungen -keit und -heit (Freundlichkeit, Nettigkeit, Einheit,…) und viele eingedeutschte Fremdwörter werden mit dem weiblichen Artikel verwendet. Verkleinerungen und Verniedlichungen zumeist mit dem „das“. Bei der Verwendung der maskulinen Form (Wetter, Jahreszeiten, Wochentage, …) fand ich das Sahnehäubchen zum Schluss – die meisten alkoholischen Getränke verwenden das „der“. Ausnahme: Das Bier und die Weißweinschorle. Aber die gilt nicht, weil ja die Schorle gemeint ist! Noch einmal Thekenwissen: Laut Duden haben etwa 1,5 Prozent der Substantive mehrere Artikel – ein Streit über „der Joghurt, die Joghurt (süddeutsch), das Joghurt“, können Sie sich also sparen.
Allen Sprachlernenden wünsche ich viel Erfolg,
Ihr Axel Bergmann