Kinder haben ein feines Gespür für die Dinge, die um sie herum passieren. Medienberichte und andere Informationen erreichen auch sie. Menschen in Schutzanzügen und mit Atemmasken können bedrohlich wirken, der veränderte Umgang der eigenen Eltern im sozialen Umfeld sowie der Wegfall von Sozialkontakten belasten die Kinder ebenfalls. Keine privaten Treffen mit Freunden zum Spielen, kein Sport im Verein, kein Musikunterricht – das Leben der Jüngsten hat sich drastisch verändert. Und jedes Kind reagiert anderes auf diese Stresssituation – mal verängstigt, mal gereizt und aggressiv, mal unruhig. Es kommt sogar vor, dass Kinder Verhaltensweisen zeigen, die ihrem Entwicklungsstand eigentlich nicht mehr angemessen sind: Sie sind besonders anhänglich oder nutzen wieder die Babysprache. Es können auch körperliche Symptome auftreten. Umso wichtiger ist es, dass sich die Eltern Zeit für ihre Sprösslinge nehmen, auch wenn das in Zeiten von Homeoffice nicht immer ganz einfach ist. Dazu gehört auch, den Kindern die Situation zu erklären und immer wieder über Veränderungen, etc. zu informieren. Folgen für die Entwicklung Am 18. Mai wurde die Notbetreuung auf bis zu 40 Prozent ausgeweitet, das bringt schon ein wenig Erleichterung. Denn selbst wenn das Kind nur wenige Stunden pro Woche Kontakt zu Gleichaltrigen hat, kann das schon helfen, die Situation zu entspannen. Experten kritisieren, dass den Belangen der Kinder in dieser schweren Zeit zu wenig Beachtung geschenkt wurden. So bemängelt der Kinderschutzbund Deutschland in einer offiziellen Stellungnahme: „Offensichtlich ist der Politik die Gewerbefreiheit wichtiger als die Rechte der Kinder.” Kinder seien aufgrund ihres Alters und ihrer Entwicklung mehr als Andere auf die Berücksichtigung ihrer Grundbedürfnisse angewiesen, um Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Dies beinhaltet unter anderem neben der Förderung, die Bildung, aber auch die Bewegung, das Spiel und vor allem die sozialen Kontakte. Werden diese Bedürfnisse über einen längeren Zeitraum nicht erfüllt, könne dies laut Kinderschutzbund enorme Folgen für ihre Entwicklung haben. Auch das Risiko von häuslicher Gewalt und Missbrauch nehme zu. Zudem besteht die Sorge, dass viele Vorkommnisse nicht mehr gemeldet werden – vor dem Shutdown kamen etwa 60 Prozent der Meldungen von Schulen, Kitas und Kinderarztpraxen. Weniger Impfungen Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte vermerkt weniger Besuche in den Praxen oder Kliniken und befürchtet Probleme durch ein unverhältnismäßiges Hinauszögern wichtiger diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen. Untersuchungen und Impfungen würden verschoben, der Verband befürchtet Ausbrüche von Polio (Kinderlähmung), Masern und Keuchhusten. Krankheiten, die zurückgedrängt worden waren, werden wieder verstärkt auftreten, befürchten die Ärztinnen und Ärzte. Grundsätzlich bestehe die Gefahr langfristiger Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Neue Studie Die Universität Bamberg arbeitet aktuell an einer Studie, die sich mit den Auswirkungen der Einrichtungsschließungen auf die Familien befasst. Erstes Zwischenergebnis: Die Betreuung der Kinder in den eigenen vier Wänden wird durchaus als Herausforderung angesehen, gleichzeitig finden es viele Eltern schön, mehr Zeit mit ihrem Nachwuchs verbringen zu dürfen. Dennoch fordern sowohl Kinderschutzbund als auch Ärzte, die Belange der Kinder stärker in den Fokus zu rücken und bei der Entwicklung einer Exit-Strategie zu berücksichtigen. Foto: AdobeStock