Dabei ging es nicht zuletzt um die Frage, ob die Gymnasien zugunsten der IGSen künftig „ausbluten” sollen. Diese Angst herrscht nicht nur in Rinteln, es gab auch interessierte Eltern und Lehrkräfte aus Bad Nenndorf, Bückeburg und Stadthagen. Poppe versuchte zu beruhigen: „Das Gymnasium ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil der niedersächsischen Schullandschaft!” Es sei derzeit noch die gefragteste Schulform im Land. Und Poppe kündigte auch Entlastungen für die Gymnasien durch einen neuen Ganztagsschulerlass an, der derzeit in der Ministerialbürokratie in Arbeit sei. Bislang, so die Kritik aus dem Kollegium des Ernestinum, sei davon wenig zu spüren. Die eine Stunde Mehrarbeit, die den Lehrern abverlangt werde, bleibe nicht in den Schulen: „Geben Sie uns wenigsten 75 von den 90 Mehrstunden in unser Stundenkontingent zurück, dann haben wir etwas gewonnen”, forderte der stellvertretende Schulleiter André Sawade und Dr. Olaf Reckeweg stellte fest: „Die guten Absichten der Landesregierung sind zu erkennen, aber es ist schlecht gemacht!” Die SPD habe die Lehrer nicht mit auf den Weg genommen, sondern ihnen alles von oben aufoktruiert. Die Entlastungen für Lehrkräfte ab 55 Jahre seien gestrichen worden: „Das führt zu einem immer älter werdenden Kollegium und schafft keinen Platz für junge Lehrer!” Eine fast schon philosophische Frage stellte Bernd Kirchhoff in den Raum: „Ist es noch zeitgemäß, in einer globalisierten Welt Kultusfragen auf Länderebene zu belassen?” Claus-Peter Poppe gestand ein, dass die Änderungen für die Lehrer in einer „...Atmosphäre der subotimalen Dialogorientierung” vorgenommen wurden und ebenso, dass er von den niedersachsenspezifischen Belastungen der Schülerinnen und Schüler durch Vergleichsarbeiten und fünf Prüfungsfächern nichts wusste: „Das nehme ich auf alle Fälle mit!” Und Poppe versicherte, dass Bildungsaufgaben von der SPD-Regierung ernst genommen würden und der Etat dafür aufgestockt wurde: „Referendare werden in Niedersachsen nicht für die Tonne ausgebildet”, so Poppe, der auch zur Frage von „fördern wir die Mittelmäßigkeit; was ist mit Hochbegabtenförderung” Stellung bezog und dabei auch die neuen Aufgaben durch die Inklusion verteidigte. Ralf Kirstan (Lehrer) stellte die Probleme mit Schülerinnen und Schülern mit sozialen Kompetenzproblemen vor und forderte die Erhaltung von Förderschulen als Alternativangebot. Deutlich wurde in der Diskussion, dass letztlich alles an den Finanzen hängt: „Drehen wir an einer Stellschraube im Schulsystem, sind schnell dreistellige Millionenbeträge fällig”, so Poppe. Den „Werbefaktor G 9” (13 Jahre bis zum Abitur) für IGSen sah Poppe so nicht, doch eine Expertenkommission sei derzeit dabei, die Unwuchten, die durch die Neuerungen entstanden seien, zu glätten. Poppe machte deutlich, dass nach seiner Auffassung Gesamtschulen und Gymnasien in einer „...friedlichen Koexistenz” nebeneinander bestehen können.Foto: ste