LANDKREIS (mk). Schaumburg ist bunt: Über 130 verschiedene Nationalitäten leben hier friedlich zusammen. Und auch Axel Bergmann, Pressesprecher der Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg, kann dies bestätigen, denn die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist kaum messbar. Schwer erkennbar Im März dieses Jahres kam es in der Gemeinde Auetal zu einem SEK-Einsatz auf einem Resthof: Das Veterinäramt wollte den Zustand der dort lebenden Tiere überprüfen, doch der dort lebende „Reichsbürger” verweigerte den Zutritt und schoss sogar auf die dazu geholten Polizeibeamten. Das war seit langem einer der spektakulärsten Fälle mit rechtsextremistischem Hintergrund. Doch hierbei handelt es sich um einen Einzelfall. Reichsbürger fallen in der Regel erst dann auf, wenn sie in Konflikt mit Behörden kommen. Das, so Bergmann, sei typisch für den Strukturwandel, der sowohl im rechten als auch im linken Spektrum zu beobachten ist. Weg von organisierten Kameradschaften oder politischen Vereinigungen, hin zu kleinen Gruppierungen oder zu Einzeltätern. Der Kontakt erfolgt immer häufiger über soziale Netzwerke, ohne einen direkten sozialen Bezug. Darüber hinaus fallen typische Erkennungszeichen weg. Springerstiefel, Bomberjacke und Glatze oder schwarzer Kapuzenpulli, bunte Haare und „Dr. Martens” sind nicht mehr – längst verschwimmen die Extremisten mit der „grauen” Masse. Kaum Straftaten Der Landkreis Schaumburg ist durch die „Trauermärsche” in Bad Nenndorf und die Gegenbewegung „Bad Nenndorf ist bunt” für dieses Thema sensibilisiert. In den einzelnen Dorfgemeinschaften, aber auch in den Städten funktioniert die soziale Kontrolle noch. Sachbeschädigungen wie zum Beispiel Farbschmierereien oder Parolen gehören der Vergangenheit an, selbst die eine Zeit lang so beliebten „Spuckies” (kleine Papieraufkleber mit politischen Parolen) sind verschwunden. Angriffe auf politisch Tätige wurden ebenfalls nicht verzeichnet. In diversen Fällen kommt es über soziale Medien zu Drohungen und Anfeindungen. In der Regel werden diese jedoch nicht öffentlich gemacht, um den Tätern kein Forum zu bieten. Gute Vernetzung Die zunehmende Gewaltbereitschaft ist für die Polizistinnen und Polizisten ein wachsendes Problem, welches sich unabhängig von der politischen Einstellung darstellt. Das Fachkommissariat 7, der Staatsschutz, nimmt alle Taten auf und beobachtet die Szene – links wie rechts – genau. Zudem arbeitet die PI Nienburg-Schaumburg eng mit den Landkreisen, den sozialen Verbänden, der Kirche und den örtlichen Polizeikommissariaten zusammen. Hier findet ein regelmäßiger Austausch statt, Tabus gibt es keine. Es geht darum, Entwicklungen möglichst früh zu erkennen, um dann gezielt gegensteuern zu können. Wie zum Beispiel im aktuellen Fall der Massenschlägerei in Stadthagen: Hier gingen zwei Gruppen aufeinander los – Türken und Kurden gegen Flüchtlinge. Zusammen mit AWO und Stadtverwaltung soll jetzt auf die beteiligten Jugendlichen zugegangen werden. In Niedersachsen ist die Zahl der links- beziehungsweise rechtsextremistischen Personen gleichgeblieben. Auf Landesebene wird der Strukturwandel besonders deutlich, die bereits erwähnte Vermischung mit der „normalen” Bevölkerung macht es immer schwieriger im Vorfeld zu ermitteln. Zumal Einzeltäter bis zu ihrer Tat im Verborgenen bleiben. Der niedersächsische Verfassungsschutz richtet sein Augenmerk nun verstärkt auf das Internet. Hier wird insbesondere in Form von Verschwörungstheorien das demokratische Wertesystem unterminiert – sowohl vom rechten als auch vom linken Spektrum aus.