Andere Zeiten, andere Sitten – Martinsgans und Kürbisfratze | Schaumburger Wochenblatt

29.10.2025 15:30

Andere Zeiten, andere Sitten – Martinsgans und Kürbisfratze

Pastorin Sandra Schulz. (Foto: privat)
Pastorin Sandra Schulz. (Foto: privat)
Pastorin Sandra Schulz. (Foto: privat)
Pastorin Sandra Schulz. (Foto: privat)
Pastorin Sandra Schulz. (Foto: privat)

Matten, Matten Herrn, die Äppel un die Beern, die essen wir so gern.“ Kennen Sie diesen (plattdeutschen) Ausspruch? Meine Großmütter haben früher davon erzählt. Auf die ersten Worte konnte ich mir keinen rechten Reim machen, aber mit solchen Aussprüchen liefen die Kinder im November von Haus zu Haus, um, ja, Äpfel und vermutlich Birnen oder Beeren und anderes zu erbitten. Tatsächlich ist dies ein protestantischer Brauch, der in Norddeutschland praktiziert wurde und zwar zu Ehren von Martin Luther, auf den sich dann auch der Ausdruck „Matten Herrn“ bezieht. Dieser Brauch sollte damals das eher katholische Gedenken des heiligen Martins ersetzen.

Als unsere Eltern mit meinen Geschwistern und mir dann ins Bergische Land zogen, wo sich Katholiken und Protestanten die Waage halten, war wiederum das Martinssingen beliebt. Ich erinnere mich noch, dass wir uns in unserer Kindheit auch nicht die Gelegenheit entgehen ließen, auf diese Weise ein paar Süßigkeiten zusammen zu bekommen.
Auch wenn sich dieser Brauch des Martinssingens meiner Erfahrung nach fast überlebt hat, freut es mich, dass an vielen Orten häufig auch ökumenische Martinsumzüge stattfinden, auf denen Eltern und Kinder mit ihren selbstgebastelten Laternen mitlaufen, manchmal sogar angeführt von jemanden, der den Heiligen Martin mimt und zu Pferd unterwegs ist. Gemeinsam werden dann die Martinslieder gesungen von „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“ bis hin zum klassischen Sankt-Martins-Lied.

Fehlen darf dabei natürlich nicht die Erzählung, die den Heiligen Martin von Tours so berühmt gemacht hat: wie er als junger Soldat in einer kalten Winternacht seinen warmen Mantel mit dem Schwert teilt, um die eine Hälfte einem frierenden Bettler geben zu können. Verteilt werden am Ende des Abends dann häufig süße Martinsgänse aus Hefeteig, die auf eine andere Geschichte des Heiligen Martins verweisen.
Doch während früher die Süßigkeiten rund um den 10.11. (Geburtstag von Martin Luther) und 11.11. (Namenstag vom Heiligen Martin) an den Haustüren erbeten wurden, wurde dieser Brauch nun vorgezogen und zwar auf den 31. Oktober: Seit etwa 25 Jahren verbreitet sich auch bei uns nämlich mehr und mehr das amerikanische Halloween-Fest. Unter anderem ziehen nun gruselig verkleidete Kinder und Jugendliche von Haus zu Haus. Statt Laternen und Liedern ist nun eher das Outfit der Anlass für süße Gaben. Und wer auf Besuch eingestellt ist oder sogar erwartet, der kann das kenntlich machen z.B. mit einem vor die Haustür gestellten ausgehöhlten Kürbis, in den eine Fratze geschnitten wurde.
Übrigens, auch dieses Fest hat gewissermaßen christliche Wurzeln: Es ist nämlich der Abend vor dem katholischen Feiertag Allerheiligen, und an Halloween soll die Angst vor dem Bösen, dem Dunkel und dem Tod durch das Spiel mit dem Bösen, also Geisterfratzen und Totenmasken, ausgetrieben werden.

Seit ein paar Jahren wird es Kindern und Jugendlichen leichter gemacht, an diesem Tag loszuziehen, denn seit 2017 ist der 31.10. in Niedersachsen Feiertag. Doch den haben wir nicht Halloween zu verdanken, sondern wiederum Martin Luther, der 1517 an diesem Tag in Wittenberg seine 95 Thesen veröffentlicht hat. Daher heißt dieser Tag auch Reformationstag.
Übrigens war ich auch gestern wieder vorbereitet:
Denn bei uns am Pfarrhaus gibt es dann immer Süßigkeiten mit dem Konterfei von Martin Luther, auf denen steht „Hallo Luther – Süßes zum Reformationstag“!

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