„Alles hat seine Zeit“ | Schaumburger Wochenblatt

23.10.2025 15:37

„Alles hat seine Zeit“

Christian Floß. (Foto: privat)
Christian Floß. (Foto: privat)
Christian Floß. (Foto: privat)
Christian Floß. (Foto: privat)
Christian Floß. (Foto: privat)

Alle Jahre wieder. Ich wusste, dass dieser Tag kommen würde. Er kam bisher jedes Jahr, also würde er auch in diesem Jahr wieder zur Unzeit kommen. Anno Domini 2025 war es nun also der 29. August. Es war ein sehr sommerlicher Tag mit hohen Temperaturen, als ich beim Einkaufen in dem ortansässigen Discounter meines Vertrauens abrupt vor einem unübersehbaren Aufbau einschlägigen Naschwerks stand, der nicht nur wie aus der Zeit gefallen wirkte, sondern es nach meiner Überzeugung auch war. Da lagen sie, die Berge von Tüten mit Schokoladenherzen und Lebkuchen und Spekulatius in festlicher Verpackung und als Krönung eine solide gestapelt große Menge von Christstollen.

Nun mag es meinem leicht fortgeschrittenen Alter geschuldet sein, dass ich mit dem Angebot und der Beschaffung derartiger Leckereien doch eher eine im Jahresablauf deutlich fortgeschrittenere mehr dunklere, kühlere und wettermäßig meist ungemütlichere Jahreszeit assoziiere. Denn den Verzehr und den Genuss solchen Gebäcks und dieser speziellen Süßigkeiten verbinde ich eindeutig mit der Adventszeit, wenn man mit der Familie oder im Freundeskreis bei Kerzenlicht gemütlich zusammensitzt und sich eine gewisse Vorfreude auf das Weihnachtsfest einstellen mag. Und Advent ist nun mal im Dezember.
Natürlich kann jede und jeder im legalen Rahmen verkaufen und kaufen was und wann er will. Erstaunlich finde ich es nur, dass ich zwar überall Kopfschütteln und Unverständnis für das viel zu frühe Angebot dieser Art von Süßigkeiten und Gebäck wahrnehme, andererseits müssen sich diese Sachen doch offenbar bereits jetzt zufriedenstellend vermarkten lassen, denn sonst wäre das Ganze für die Anbieter nicht interessant; Angebot und Nachfrage regeln nun mal den Markt.

Was ich bei der ganzen Geschichte einfach schade finde ist, dass wir heutzutage scheinbar nicht mehr in der Lage sind, Dinge abwarten zu können, aus guten Gründen vorgegebene Abläufe nicht mehr meinen, einhalten zu müssen. Wir sind es mehr oder weniger gewohnt, uns das zu nehmen, was wir haben wollen zu einer Zeit, wann wir wollen und nicht zu der Zeit, wann etwas dran ist. Wir berauben uns, unsere Kinder und Kindeskinder einfach der Zeiten des Er-Wartens und der mit mancher Ungeduld einhergehenden Vorfreude.
Jede Zeit hat ihre eigene Bedeutung, ihren eigenen Charme und ihren eigenen Reiz. Besondere Ereignisse, wie unter anderem die Advents- und Weihnachtszeit, sind im Zeitablauf eines Jahres wichtige Wegmarken. Nicht umsonst beginnt das neue Kirchenjahr mit der Adventszeit, dieser besonderen Zeit der Helligkeit mit ihren vielen Lichtern in der Vorfreude und Erwartung auf die Ankunft des Sohnes Gottes, Jesus Christus, in unserer Welt. Aber bevor es soweit ist hat das zu Ende gehende Kirchenjahr als letzten Sonntag den Ewigkeitssonntag vorgesehen und der Sonntag vor dem Ewigkeitssonntag ist bei uns in Deutschland der Volkstrauertag. Zwischen diesen beiden Sonntagen begehen wir noch den Buß- und Bettag. Diese wichtigen Tage im November des Innehaltens, der Stille und des Gedenkens drohen im Trubel der mancherorts bereits beginnenden Weihnachtsmärkte sowie der überbordenden und grellen „Weihnachtsbeleuchtung“ sang- und klanglos unterzugehen. Dennoch halte ich es für ganz wichtig, dass wir uns gerade auch diesen nachdenklichen und stillen Tagen in unserem Leben ganz bewusst stellen sollten.

Danach ist es dann wirklich an der Zeit, uns in freudiger Erwartung auf die Geburt des Gottessohnes, Jesus Christus, zu freuen, denn wir dürfen den Retter der Welt erwarten. Welch ein Geschenk und Grund zur Dankbarkeit.
„Alles hat seine Zeit.“ Dieses Wort aus der Bibel (Prediger/Kohelet Kap.3 Vers 1), welches dem sehr weisen und klugen König und Prediger Salomo zugeordnet wird, kann und darf uns gerne helfen und Wegweiser bei der richtigen Einordnung sein, wenn wir uns im Hochsommer mal wieder etwas verwirrt fragen: „Ja, ist denn schon Weihnachten?“

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