Die Nachricht kam in der letzten Woche kurz nach Redaktionsschluss – und sie hat Gewicht: Die Deutsche Bahn hat ihre Pläne für die ICE-Neubaustrecke zwischen Hannover und Bielefeld weiter eingegrenzt. Aus einst zwölf möglichen Varianten bleiben nur noch zwei übrig, die für den Landkreis Schaumburg praktisch identische Linienverläufe vorsehen. Die Entscheidung betrifft zahlreiche Orte im Landkreis, von Bad Nenndorf über Lindhorst und Stadthagen bis Bückeburg und die umliegenden Dörfer.

Am 5. Dezember machte die Bahntochter Infra Go öffentlich, was sich seit Monaten abgezeichnet hatte: dass sich die Bahn auf zwei nur in Teilen bestandsnahe Varianten festlegt. Die Entscheidung führte für einige Kommunen zum Aufatmen. So ist die Bahn weg von den südlicheren Plänen im Auetal und auch generell gegen den Ausbau an der A2 rund um beziehungsweise durch den Deister in Richtung Rodenberg und Apelern. Aus dem benachbarten Ostwestfalen gibt es dazu schon ein neues Positionspapier, das einen breiten politischen Widerstand zeigt. Mehrere Landräte, Bundestags- und Landtagsabgeordnete sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus vier Kreisen – dazu gehört auch Schaumburg, haben inzwischen ein gemeinsames Papier vorgelegt.

Sie fordern eine völlig neue Bewertung, ohne die Fixierung auf eine Fahrzeit von 31 Minuten und ohne Vorgabe von 300 Kilometern pro Stunde Höchsttempo. „Die Gleise zerschneiden die Landschaft und beeinträchtigen Menschen, Natur und Umwelt unzumutbar“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Darüber hinaus liegen für den geplanten Neubau weiterhin keine belastbaren Kostenprognosen vor – und das obwohl die Variantenauswahl angeblich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgt sein soll. Im Jahr 2022 wurden die Kosten noch mit rund 8,4 Milliarden Euro beziffert, so wurde es öffentlich durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr angegeben.

Verkehrliche Chancen für Schaumburg

Zwischen den vielen Konflikten zeichnet sich für den Landkreis aber auch ein möglicher Vorteil ab. Da die Neubaustrecke die Bestandsstrecke bei Lindhorst von Süden und bei Bückeburg von Norden kreuzt, könnten später Regionalexpresszüge teilweise über die Schnellfahrgleise geführt werden. Das könnte die Fahrzeit zwischen Stadthagen und Hannover theoretisch um bis zu 15 Minuten verkürzen.

Wie es weitergeht

Für Januar 2026 plant die Bahn mehrere Infomärkte. Der Auftakt ist am 19. Januar in Bielefeld, im Landkreis soll am 22. Januar eine Veranstaltung in Stadthagen folgen (der genaue Ort wird noch bekannt gegeben). Dort will Infra Go erläutern, wie es in der Vorplanung weitergeht und welche Schritte als Nächstes anstehen. Hinzu kommt: Auch Flächenverbrauch und Eingriffe in bestehende Nutzungen spielen eine Rolle. Ausgerechnet in Bückeburg trifft der aktuelle Verlauf auf den denkmalgeschützten Rethof. Der Bioland-Betrieb fürchtet um Ackerflächen und Betriebsabläufe. In den umliegenden Dörfern ist die Stimmung ähnlich angespannt. Zwar plant die Bahn noch in einem ein Kilometer breiten Korridor, wo es also noch Ausweichoptionen gibt – doch für viele Anwohner bleibt die Ungewissheit, wie nah die Schnellfahrstrecke letztlich rücken wird.

Proteste und politische Fronten

Wenig überraschend: Die Proteste nehmen Fahrt auf. Naturschutzverbände, Bürgerinitiativen und lokale Vertreter melden sich fast täglich zu Wort. Im Schaumburger Land sehen die Kritiker vor alle die Eingriffe in sensible Landschaften und landwirtschaftliche Flächen. Wir haben dazu auf schaumburger-wochenblatt.de die bisher eingesendeten Stellungnahmen ungekürzt veröffentlicht. Sie finden Sie unter dem Stichwort „ICE Schaumburg” am einfachsten über den QR-Code am Ende dieses Beitrags.

Hier wird nun weiter geplant

Die betroffenen Städte und Dörfer in Schaumburg sind laut der Webseite der Bahn: Bad Nenndorf, Beckedorf, Bückeburg, Haste, Helpsen, Hespe, Hohnhorst, Lindhorst, Lüdersfeld, Seggebruch, Stadthagen und Suthfeld.

Mit den Varianten V3 und V4 bleibt die Streckenführung im Schaumburger Abschnitt weitgehend gleich: Die Trasse verlässt den Bestand an den Gleisanlagen bei Seelze, umfährt Wunstorf und nähert sich östlich von Lindhorst wieder der bestehenden Hauptachse. Von dort geht es entlang der heutigen Strecke bis kurz vor Bückeburg, wo die Neubautrasse weit nach Norden ausschwenkt. Hinter der Bundesstraße 65 bei Röcke verschwindet sie im Tunnel unter dem Wesergebirge, überquert bei Möllbergen die Autobahn 2 und gewinnt durch weitere Unterführungen wieder Höhe in Richtung Exter. Ab dort trennen sich die Wege der beiden Varianten nochmals.

Kosten entscheiden – nicht die Region

Der entscheidende Faktor für die Auswahl ist der Preis. Die Bahn verweist darauf, dass alternative Korridore – etwa durchs Auetal – bis zu 20 Prozent teurer wären. Da der Bund die „wirtschaftlichste Lösung“ bezahlt, blieb am Ende wenig Spielraum. Kritiker aus Bürgerinitiativen und Kommune sehen sich daher bestätigt. Sie hatten früh gewarnt, dass die breite Öffentlichkeitsbeteiligung eher den Anschein von Mitbestimmung erwecke, in Wahrheit aber kaum Einfluss auf die Grundentscheidung habe.

Offizielle Stellungnahmen von Parteien, Verwaltung und Verbänden zur ICE-Trassenplanung durch Schaumburg.

- ICE-Trasse Hannover-Bielefeld: Auf diese Varianten hat sich die Deutsche Bahn festgelegt (mit Stellungnahmen von Bürgermeister Axel Wohlgemuth, Bückeburg, und Jörn Lohmann, Auetal)

- Aufforderung zu entschlossenem gemeinsamem Handeln gegen die geplante Bahn-Neubaustrecke (Stellungnahme Andreas Paul Schöniger, Ortsbürgermeister Meinsen-Waber)

- Ein herber Schlag für die Region: Varianten 3 und 4 werden Bückeburg und Suthfeld zutiefst verändern (Stellungnahme SPD-Bundestagsabgeordnete Marja-Liisa Völlers und der Schaumburger SPD-Landtagsabgeordnete Jan-Philipp Beck)

- Dritte gemeinsame Erklärung gegen den geplanten Neubau der ICE-Trasse zwischen Bielefeld und Hannover (Stelllungnahme Ali Landräte Kreis Minden-Lübbecke, Kreis Schaumburg, Kreis Lippe und Kreis Herford)