„Wir arbeiten schon lange und partnerschaftlich mit der Jugendanstalt zusammen und freuen uns, nach der Corona-Pandemie diese Reisen wieder für unsere U19 anbieten zu können”, erklärt Danny Haasler, pädagogischer Mitarbeiter und Organisator des Austauschs in der 96-Akademie. Für die Spieler und das Trainerteam war es eine ungewöhnliche Erfahrung, sich auf einmal hinter Gittern wiederzufinden, wie 96 in einer Pressemitteilung informiert. U19-Trainer Dirk Lottner war mit den jungen Talenten in die Rattenfängerstadt gereist.
„Handys müssen im Auto bleiben, alle im Kreis aufstellen und Namen auf der Liste abhaken”, wurden die Spieler vom Wachpersonal der Jugendanstalt empfangen. Klare Ansagen, freundlich, aber bestimmt. Genauso muss das sein, erklärte Michael Wehmann, der das 96 U19 Team durch die Anlage führte und den Tag gemeinsam mit Danny Haasler geplant hatte. Im Gefängnis gibt es klare Regeln, da brauche es auch eine klare Kommunikation.
Die Besichtigung des weitläufigen Geländes führt in die Werkräume und in die Produktion, wo die jugendlichen Täter tagsüber arbeiten. Danach geht es für die Besucher in den Zellentrakt. Einige 96-Spieler lassen sich für einen kurzen Moment einschließen, sind für Minuten alleine mit sich und ihren Gedanken. „Das ist schon eine beklemmende Erfahrung”, fasst Danny Haasler zusammen. Anschließend können sich die 96-Junioren bei Fußball und Basketball ein wenig entspannen, bevor der nächste Punkt auf dem Programm steht. Der Austausch mit den Straftätern. Die Inhaftierten, die in die Halle kommen, sind genauso alt wie die U19-Spieler. Manche von ihnen sitzen schon zwei Jahre in Haft. Gegenseitig stellen sich beide Gruppen Fragen. Wie geht es dir in der Haft? Könnt ihr im Gefängnis Fußball gucken? Das sind einige der Fragen, die die U19-Spieler von Hannover 96 den Häftlingen stellen. Umgekehrt haben auch die Gefangenen Fragen an die angehenden Profis. Für sie ist der Besuch der 96-Spieler ein Highlight in ihrem tristen Alltag. Auch das ist Teil des Programms, Perspektivwechsel für beide Seiten zu ermöglichen.
Die Zusammenarbeit zwischen der Jugendanstalt Hameln und der 96-Akademie besteht bereits seit vielen Jahren. Seit 2018 verantwortet Danny Haasler das Projekt und beschreibt die Ziele aus 96-Sicht: „Wir wollen unseren jungen Spielern den Perspektivwechsel ermöglichen. Klar weiß jeder, der als Besucher hierherkommt, dass er abends wieder zuhause bei seiner Familie und seinen Freunden ist. Wenn dann aber ein Inhaftierter berichtet, dass er am ersten Tag seiner Haft in seiner Zelle sitzt und denkt, 'diese vier Wände sind jetzt für die nächsten zwei Jahre meine Freunde', dann beeindruckt das schon.” Dass ein solcher Besuch aufwühlt und die jungen Spieler beschäftigt, ist Teil des Konzepts: „Ich glaube, dass das ein spannender Tag für die Jungen war. Nach der Visite im Knast kommen dann die Gedanken und Gespräche, innerhalb der Mannschaft, aber auch mit mir als pädagogischem Mitarbeiter. Diese Reflexion ist wichtig und wird auch von uns begleitet”, macht Haasler deutlich.
Die Kooperation mit der Jugendanstalt erfolgt auf mehreren Ebenen, innerhalb und außerhalb der eigentlichen Haftanstalt. Im vergangenen Dezember sind Mitarbeiter aus verschiedenen Justizvollzugsanstalten aus ganz Deutschland in der 96-Akademie zu Gast gewesen, um sich auf fachlicher Ebene auszutauschen und zu vernetzen.
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