Die Diskussion um den Umgang mit dem Wolf in Deutschland hat in den vergangenen Wochen deutlich an Fahrt aufgenommen. Nach mehreren Vorfällen in Niedersachsen und einer neuen Bewertung der EU-Kommission steht das Thema so stark im Fokus wie selten zuvor. Zwischen Schutzstatus, öffentlicher Sicherheit und landwirtschaftlichen Sorgen zeigt sich, wie tief die Meinungen im Land auseinandergehen.

In Niedersachsen lösten zwei aktuelle Fälle neue Emotionen aus: Ein Wolf, der sich wiederholt in der Nähe eines Kindergartens im Landkreis Cuxhaven zeigte, und ein Rüde im Kreis Helmstedt, der für 56 Risse verantwortlich gemacht wird, dürfen nach Ausnahmegenehmigung abgeschossen werden. Ob es dazu kommt, hängt nun von möglichen Gerichtsentscheidungen ab. In Schaumburg hingegen waren die zuletzt befürchteten „Wolfsrisse” nicht durch DNA-Tests bestätigt worden. Der Landtag in Hannover berät währenddessen über langfristige Strategien im Wolfsmanagement, ebenso erarbeitet der NABU Herdenschutzprojekte.

Brandenburg geht voran
In Brandenburg denkt man bereits über einen neuen rechtlichen Rahmen nach. Dort wurde ein Beteiligungsprozess gestartet, um den Wolf in das Jagdrecht aufzunehmen – zunächst mit ganzjähriger Schonzeit, die aber regional und zeitlich aufgehoben werden könnte. Ziel ist ein geordnetes Bestandsmanagement, das zwischen Artenschutz und den Interessen der Landbevölkerung vermitteln soll.

Deutschland meldet günstigen Erhaltungszustand
Parallel hat die Bundesregierung der EU-Kommission offiziell gemeldet, dass der Wolf in weiten Teilen Deutschlands einen „günstigen Erhaltungszustand“ erreicht hat. Diese Einschätzung gilt erstmals auch für die kontinentale biogeografische Region, also weite Teile der Mitte und des Ostens des Landes. Damit ist eine wichtige Voraussetzung geschaffen, um den Schutzstatus des Wolfes künftig anzupassen.

Nach aktuellen Planungen könnte der Wolf schon im Frühjahr 2026 in das Bundesjagdgesetz aufgenommen werden. Erst danach könnten die Bundesländer dann im Übrigen eigene Jagdzeiten und weitere Regelungen festlegen. Damit wäre dann eine reguläre Bejagung, also jenseits von Ausnahmegenehmigungen, theoretisch möglich.

Symboltier und Zankapfel zugleich
Kaum ein Tier steht so im Spannungsfeld zwischen Faszination und Furcht. Der Wolf gilt als Symbol des Naturschutzes, doch seine Rückkehr bringt auch Konflikte mit sich – besonders im ländlichen Raum. Für viele Weidetierhalter ist die wachsende Population zur Belastung geworden. Nach Zahlen des Bundesumweltministeriums lebten in der Saison 2023/24 bundesweit 209 Rudel, 46 Paare und 19 sesshafte Einzelwölfe – ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Über 4.200 Weidetiere fielen im vergangenen Jahr Wolfsangriffen zum Opfer.
Der Deutsche Jagdverband schlägt vor, künftig einen Teil des jährlichen Nachwuchses zu entnehmen, um die Ausbreitung zu verlangsamen. Fachleute wie Helena von Hardenberg, Redaktionsleiterin der Fachzeitschrift Niedersächsischer Jäger, sehen in einer kontrollierten Regulierung einen notwendigen Schritt: Der Wolf habe seinen Platz in der Kulturlandschaft, so von Hardenberg, „doch wie jedes andere Raubtier auch braucht er ein geregeltes Management.“
Während Umweltverbände die Bejagung strikt ablehnen, fordern Landwirte und Jäger klare Regeln für den Umgang mit Problemwölfen. Die Debatte bleibt damit ein Spiegel größerer gesellschaftlicher Fragen: Wie viel Natur lässt sich in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft zulassen – und wo müssen Grenzen gezogen werden, um ein friedliches Miteinander von Mensch und Wildtier zu sichern?

Ob 2026 tatsächlich die ersten regulären Wolfsbejagungen beginnen, hängt nun von Gesetzgebungsverfahren in Bund und Ländern ab. Klar ist: Die Diskussion um den richtigen Weg hat gerade erst begonnen und sie wird die Politik im ländlichen Raum noch lange beschäftigen.