Rund um das Rundteil leben Handwerker Aus der Geschichte eines kleinen Platzes im Flecken / Friedenseiche gibt es seit 140 Jahren

LAUENAU (al). Monatelang wurde am Lauenauer Rundteil gebaut. Dabei sollte ihm die Funktion einer wichtigen Verkehrsachse genommen und seine ihm ursprüngliche Bedeutung zurückgegeben werden. Ob das dem Flecken Lauenau gelingt, hängt nicht zuletzt von künftigen Gewohnheiten der Autofahrer ab. Eines aber steht schon jetzt fest: Das Rundteil entspricht künftig wieder mehr dem Zustand von vor hundert Jahren.

Das vermitteln historische Ansichtskarten. Eine davon hat die Gemeinde soeben reproduzieren lassen, um sie als Gruß für besondere Anlässe an die Bevölkerung zu versenden. Sie zeigt eine Menschengruppe unter hohen Bäumen in der Platzmitte. Nur noch einer davon ist vorhanden: die Friedenseiche, die bald nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gepflanzt worden war. Anfangs säumten noch vier Linden den Bereich. Diese wurden 1913 gefällt, weil de Eiche um ein Denkmal und einen Stakettzaun ergänzt werden sollte. Das Denkmal steht heute am Ehrenmal des Fleckens vor dem Deister. Von der Einfriedung ist nur noch der steinerne Sockel übrig geblieben. Wer wohnte nun damals rund um das "Rundteil"? Lauenau zählte an der Schwelle zum 20. Jahrhundert gerade einmal 850 Einwohner. Noch waren Autos unbekannt. Erst 1904 wurde die Eisenbahnlinie eröffnet; Strom hielt fünf Jahre später Einzug im Ort. Schon damals trug der kleine Platz zwischen der Rodenberger Straße und der Marktstraße seinen heutigen Namen, obwohl er erst 1950 offiziell so bezeichnet wurde, als auch alle anderen Straßen im Flecken ihre Bezeichnungen erhielten. Allerdings war am Rundteil auch vom "Rektor-Brink" die Rede – wegen des Schulgebäudes, das bis dahin für den Unterricht der älteren Schüler genutzt wurde und in dem sich auch die Dienstwohnung des Schulleiters befand. Das änderte sich mit der Einweihung der heutigen Schule im Jahr 2010: Die alte "Rektorschule" wurde zum Lokal. Krüger Reinecke eröffnete 1911 den Hotel- und Pensionsbetrieb "Zum Goldenen Löwen" mitsamt einer Sommerkegelbahn. Bis dahin befand sich der Amtskrug im links davon befindlichen Gebäude, das seit 1732 der Landwirtsfamilie Reinecke gehörte, die das Anwesen einschließlich des angrenzenden Drei-Giebel-Hauses erst in jüngster Vergangenheit en an den Flecken Lauenau verkauft hat. Auf der Ostseite des Rundteiles dominierte das Handwerk. An der Ecke befand sich die heute verschwundene Schmiede von Meister Hupe. Noch vorhanden ist dagegen der von Karl Bruns gegründete Tischlereibetrieb. An ihn schloss sich die Stellmacherei Heinrich Platte an. Daneben befand sich eine Schlachterei, in der vier Meister tätig waren, bevor mit kommunaler Hilfe sich inzwischen das Jugend- und Kulturforum etablieren konnte. An der Grenze zur Marktstraße bot ein Textilgeschäft große Auswahl, bis ein Antiquitätenhandel dort einzog. Auf der anderen Fahrbahnseite versteckte sich hinter einer großen Kastanie noch bis Anfang der siebziger Jahre der Bauernhof Platte. Im heutigen Haus Nummer 5 ging Friseurmeister Carl Mengersen seiner Arbeit nach. Zwei Gebäude säumten die Einfahrt zum landwirtschaftlichen Gut von Schloss Schwedesdorf: Links waren Kutscher Wilhelm Freise und Verwalter Heinrich Marhenke zu Hause. Rechts fanden Tagelöhner des Gutsbetriebs Quartier. In diesem ehemaligen "Gesindehaus" der Familie von Münchhausen ist heute das örtliche Museum zu finden. Hinter der großen Toreinfahrt mit den restaurierten Säulen sind alte Scheunen- und Stallgebäude der Anlage "Wohnen am Schloss" gewichen.

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