Büscher hatte nach dem „Mahnfeuer” (SW berichtete) angeboten, den Leiter des Herdenschutzprojektes Niedersachsen, Peter Schütte, als Fachmann für die Begutachtung der Weideflächen von Christoph Höller hinzuzuziehen und mit ihm gemeinsam einen wirkungsvollen Herdenschutz für Höllers Herde abzustimmen. Doch bereits hier gingen die Meinungen zwischen Dr. Büscher und Höller weit auseinander. Während Büscher aufzeigen wollte, wie Herdenschutz wolfssicher geht, war für Höller klar: „Der NABU will suggerieren, dass es geht.” Höller ist gefrustet von der Haltung des NABU, hat Angst um seinen Schafbestand und schlaflose Nächte. Die Antwort des NABU auf seine drängenden Fragen rund um den Wolf sieht Höller, der die Haltung des NABU mitverantwortlich für die Etablierung des Wolfes in Deutschland macht, für zu kurz gegriffen: „Es reicht nicht, den Herdenschutzbeauftragten als Lösung zu präsentieren.” Ohne eine Bejagung des Wolfes, so die feste Überzeugung Höllers, sterbe die Weidetierhaltung auf Dauer aus. Er selbst will bereits schwer einzuzäunende Flächen aufgeben. Mit fatalen Folgen für die Natur und die Artenvielfalt, denn Weidetiere halten das Gras kurz und geben auch Pflanzen eine Chance, die ohne Weidetiere durch das dominierende Gras gar nicht erst hochkommen könnten. Dabei ist das Herdenschutzprogramm durch NABU, Deutsche Bundesstiftung Umwelt und „Bingo Umweltstiftung Niedersachsen”, hinter dem der Beauftragte Peter Schütte steht, ein durchaus sinnvolles Angebot an Weidetierhalter. In Kontakt mit ihnen schaut sich Schütte die Flächen an, bewertet sie, überlegt, welche Schutzmaßnahmen durchgeführt werden müssen und organisiert dann mit den heimischen NABU-Gruppen Ehrenamtliche als Unterstützer für die Umsetzung des Zaunbaus. Doch Schütte muss auch zugeben: „Mit unserem Personalbestand können wir nicht die Welt retten.” Friedrichswald war für ihn geografisches Neuland, denn die besondere Geländestruktur, der felsige Unterbau und auch die Kleinflächigkeit der Weidegebiete machen einen effektiven Schutz der Herden schwierig, aber nach Auffassung des Projektleiters nicht unmöglich. Auf politische Diskussionen zur Sinnhaftigkeit der Ansiedlung des Wolfes in dicht besiedelten Gebieten lässt sich Schütte bei einer Begutachtung von Weideflächen nicht ein. Seine Aufgabe definiert sich klar an der Frage: „Wie kann man Weidentiere sinnvoll vor Wolfsübergriffen schützen!” Die Position des NABU zu dieser Frage ist auch klar, so Dr. Nick Büscher. Man habe keine Ansiedlungsprojekte „Wolf” seitens des NABU gestartet, müsse jetzt aber mit der Situation klarkommen, dass die artengeschützten Tiere sich wieder Lebensraum in Deutschland erobert haben: „Es muss eine Koexistenz von Wolf und Weidetieren geben.” Von der Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht hält Büscher gar nichts: „Es muss eine Einzelfallentscheidung bleiben, wenn Wölfe „entnommen” werden sollen.” Und dann gelte auch: Vergrämen gehe vor Abschuss. Kritik übte er am Land Niedersachsen, die Gutachten zum Wolfsabschuss nicht öffentlich machten und dem NABU nicht zur Prüfung zur Verfügung stellten. Für Büscher ist ein sicherer Herdenschutz in Wolfsgebieten möglich. Der NABU Rinteln selbst hat eine Skuddenherde in Hohenrode auf der Streuobstwiese und will dort eine wolfssichere Einzäunung gewährleisten. Mit der NABU-Haltung kann Christoph Höller nicht leben. Für ihn ist klar, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann der Wolf seine Schafherde als lohnendes Futter erkennt und es zu Rissen in der Herde kommt. Der Wolf müsse, so Höller, durch Aufnahme in das Jagdrecht lernen: „Mensch - gefährlich!” Nur so ließen sich die lernfähigen und schlauen Tiere auf Distanz halten. Würden die Wölfe erkennen, dass die Witterung von Menschen in Zusammenhang mit ihren Weidetieren als ein Zeichen für schnelles und einfaches Futter gelte, sei es zu spät. Herden würden von Wölfen regelrecht durch die Zäune getrieben. Rudel seien so gelehrig, dass sie auf einer Seite der Weide Druck ausübten und auf der anderen, der Fluchtseite, auf die Schafe warteten. Der NABU, so Höller, habe durch seine Wolfsbefürwortung seinen Teil zum Ende der Weidetierhaltung beigetragen. Die Ansiedlung des Wolfes ohne ein funktionierendes Wolfsmanagement sah Höller als „...Freilandversuch, ohne zu wissen wie dieser ausgeht!” Doch die Tendenzen seien bereits jetzt erkennbar. Die ohnehin schwierige Arbeit der Schäfer mit Freilandhaltung sei jetzt noch schwerer geworden, so dass Tierhalter sie künftig vermehrt aufgeben würden. Auch die Aussage von Naturschützern, dass der Wolf das Wild in den Wäldern reguliere, hielt Höller für einen Irrglauben. Während der Wolf bei den Rehen noch für eine Bestandsminderung sorge, rotteten sich die wehrhaften Wildschweine so zusammen, dass der Wolf kaum eine Chance habe. Wie es mit Höllers Weiden und dem Herdenschutz weitergeht, auch dazu hat der Züchter „Rauhwolliger Pommerscher Landschafe” eine klare Vorstellung: „Ich werde Flächen aufgeben und ansonsten will ich keine Sonderbehandlung durch Hilfe aus einem Herdenschutzprojekt, das dann mit seinen Maßnahmen bei mir als Vorzeigeprojekt Werbung macht, während andere in die Röhre schauen.” Er zeige sich solidarisch mit seinen Züchterkollegen und will vor allem keine Materialschlacht bei der Einzäunung seiner Tiere, die am Ende doch der Wolf gewinnt. „Das ist Einzäunungsidiotie.” Für Peter Schütte, der sonst seine Einsatzschwerpunkte in der Heide und im Rodewalder Gebiet mit seinen Problemwölfen hat, war die Anreise nach Friedrichswald dennoch eine wertvolle Erfahrung. Er konnte sich die besondere Geländeformation des kleinteiligen Weidegebietes anschauen und gab Höller einige Informationen, wie er - auch ohne fremde Hilfe - seine Herde sinnvoll schützen kann. Für ihn steht fest: „Die Gesellschaft muss erkennen, dass Weidetierhalter derzeit mit viel Arbeit im Herdenschutz alleine stehen.” Denn während das Land zwar 100 Prozent der Materialkosten für den Zaun übernimmt, zahlen die vorwiegend betroffenen Schafzüchter die Arbeit für den Zaunbau. Für die Arbeit kommen die 100 Multiplikatoren und 30 ehrenamtlichen Helfer ins Spiel, die Schütte in seinem Herdenschutzprogramm koordiniert. Allerdings: Sechs Monate dauert es derzeit, bis ein Antrag für Unterstützung bearbeitet ist. Schütte warf dem Umweltministerium in Niedersachsen eine verfehlte Personalpolitik vor, denn die Wolfsberater seien heillos überfordert mit ihrer Arbeit. Wer sich allerdings vom Herdenschutzproramm des NABU und Peter Schütte helfen lässt, genießt einige Vorteile. Man hat einen neuen und weitgehend wolfssicheren Zaun, zehn Jahre Garantie und zahlt lediglich das Rammen der Pfähle. Foto: ste