Jetzt schon lesen: Unsere Kolumne von Axel Bergmann: „To do or not to do”
Es gibt Menschen, die meinen, ich sei eine ziemlich chaotisch organisierte Person – ich glaube, sie haben Recht. Bei der Suche nach einem ganz bestimmten Schlüssel an unserem umfangreichen Schlüsselbrett fiel mir eine „To-do-Liste“ in die Finger. Nicht einfach irgendein Stück Papier mit einer mehr oder weniger wahllos zusammengeschriebenen Aufzählung von Dingen, die ich schon immer machen wollte oder sollte – nein, befestigt an einem großen – wirklich großen – Schlüsselring, hatte meine Frau viele bunte Kärtchen aufgereiht. Jedes Kärtchen war mit einer – ich nenne es einmal Idee – versehen, was ich denn so in meiner „reichlichen“ Freizeit nach dem Ruhestand erledigen könnte. Der Motivationsschub: Alles hing an einer Flasche meines Lieblings-Gins. Wie es so häufig mit Planungen ist; das mit der Freizeit hatte sich sehr schnell erledigt und der Schlüsselring fiel in Vergessenheit. Ich bin sicher, viele von uns haben eine To-do-Liste. Irgendwie gibt sie einem das Gefühl, Ordnung in das alltägliche Chaos zu bringen, wenn man denn erst einmal einen Plan hat. Seien wir doch ehrlich – in der Liste stehen doch genau die Dinge, die wir seit mehr oder weniger längerer Zeit vor uns herschieben. Alles was Spaß macht, muss man sich nicht aufschreiben. Ist die To-do-Liste eine sanfte Form der Kapitulation vor den ungeliebten Aufgaben des Alltags? Antwort: Überhaupt nicht! Die To-do-Liste, auch Aufgabenliste oder Pendenzenlist genannt, hilft, sich einen Überblick zu verschaffen, Prioritäten festzulegen und Fristen oder Termine zu notieren. Auch Psychologie spielt eine Rolle. Das Abhaken (Erledigen) eines Eintrages kann motivierend, sogar euphorisch wirken – mit Riesenschritten auf zum nächsten Eintrag. Also ausprobieren: Erster Punkt der persönlichen To-do-Liste – eine To-do-Liste anfertigen. Großer Motivationsschub: Den ersten Punkt kann ich gleich als erledigt abhaken. Bei der gedanklichen Beschäftigung mit der neuen Liste kommt zwangsläufig die Frage auf, ob Aufgaben hineingehören, die zwangsläufig zu erledigen sind: Steuerklärung fristgerecht abgeben, Autos zur Hauptuntersuchung anmelden, Rundfunkgebühren bezahlen, …, Frühstück machen, Tanken, … Wenn man also Motivation für das fortgesetzte Arbeiten mit der Liste braucht, die Möglichkeiten sind unendlich. Beim ernsthaften Blick hinter die Kulissen einer „nur-für mich-To-do-Liste“, kommen dann doch die eigenen Unzulänglichkeiten an die Oberfläche. Seit Wochen will ich die Garage aufräumen. Wirklich Lust dazu habe ich nicht und finde immer wieder Gründe (besser: andere, wichtigere Aufgaben), die unbedingt vorher noch zu erledigen sind und, ehrlich gesagt, auch mehr Spaß machen. Das mit der Garage hat doch auch Zeit für einen Tag, an dem es regnet oder schneit. Ganz findige Computer-Nerds haben mittlerweile eine Reihe von digitalen „To-do-Liste-Apps“ entwickelt. Synchronisiert kann man von allen vernetzten Geräten auf das zurückgreifen, was man eigentlich! (also doch irgendwie nicht – jedenfalls nicht heute) erledigen wollte. So kann ich mich sogar selbst im Urlaub, in der Sonne liegend, selbst kasteien. Das Argument, es nicht erledigt zu haben, drängt sich auf – ich musste den Urlaub vorbereiten, bin jetzt erst einmal weg und wenn ich wieder zurück bin, drängen sich mit Sicherheit viel wichtigere Aufgaben auf. Die liebevoll angefertigte To-do-Liste meiner Frau werde ich jedenfalls nicht abarbeiten – dafür ist sie viel zu aufwändig gemacht. Ich denke, ich vervollständige meine eigene Liste. Immerhin habe ich ja den ersten Punkt schon abgehakt. Mit einem Augenzwinkern und dem Wunsch, diese Kolumne nicht allzu ernst zu nehmen, wünsche ich Ihnen ein erfolgreiches „To do“!